Antirassismus – ein gemeinsamer Kampf
Ob auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt, der Schule, Hochschule oder in der Ausbildung. Rassismus ist nicht nur ein historisches Merkmal der Klassengesellschaft, sondern noch immer Tatsache für die von Rassismus betroffenen Teile der Arbeiter*innenklasse dieses und der imperialistisch unterdrückten Völker anderer Länder. (Angebliche) Migrant*innen werden häufiger Polizeikontrollen unterzogen; andersaussehenden wird der Zugang zu günstigem Wohnraum besonders erschwert; in der Schule wird die Sprache der jeweiligen „Randgruppe“, wie zum Beispiel Türken und Araber verboten und auf der Arbeit ist der „Ausländer“, wenn es nach dem Chef geht faul, aber willig und günstig.
Antimuslimischer Rassismus
Durch Generalisierung und Stereotypen wird Muslim*innen eine terroristische, sexistische und antisemitische Veranlagung oder Einstellung unterstellt und die eigene Gruppe wird so von der Fremden, „feindlichen“ Ideologie abgegrenzt. Die vorgeführten Beispiele von Gewalttat und Homophobie werden dann als Beispiel für fehlgeschlagene Integration in den Okzident und die „jüdisch-christliche Leitkultur“ (um vom europäischen Antisemitismus abzulenken) herangezogen. Die Spitze dieser rassistischen Anfeindungen mündet schließlich in Gewalttaten und Auslöschungsfantasien.
Rassismus in der linksjugend [’solid]
Nicht nur in der Gesellschaft nimmt der Rassismus immer weitere Teile des öffentlichen Diskurses ein. Denn auch in unserem, ihrem Verständnis nach antifaschistischen und sozialistischen, Jugendverband häufen sich über die letzten Jahre rassistische Anfeindungen und neokoloniale Positionen in Landes-und Bundesverband, die weitgehend konsequenzlos hingenommen werden. Der Landesarbeitskreis (LAK) sisyphos Thüringen hat den Jahrestag des islamistischen Anschlags auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ am 7. Januar zum Anlass genommen einen Karikatur-Wettbewerb zu starten, für den ihre Leser*innen unter dem Motto „Nieder mit dem Islam“ Karikaturen des islamischen Propheten Mohammed einsenden sollten. Muslim*innen in Deutschland, die jahrelang unter Diskriminierung leiden, treten laut dem Text als „weinerlicher Opferverein“ auf und dort wo der „Islam und ihre Vertreter“ die Mehrheit stellen würde ihre wahre Gestalt von machtgeilen Kindervergewaltigern zum Vorschein kommen. Bisher haben weder Landes- noch Bundesebene der linksjugend [’solid] entsprechende Maßnahmen gegen diese Rechten in kaum sichtbarem Tarnmantel unternommen. Doch nicht nur Muslim*innen werden Opfer rassistischer Anfeindungen in unserem
Verband. So wird Uigur*innen gerne mal eine natürliche Veranlagung zum Terrorismus vorgeworfen und damit auch direkt chinesische Folterlager gerechtfertigt. Vom Großteil des Verbandes werden derartige Aussagen weitestgehend toleriert.
Marxismus und Religion
Als Marxist*innen erkennen wir, dass Religion und Marxismus in gewissem Widerspruch zueinander stehen, da sich der Materialismus, auf dem der Marxismus fußt nicht in Überweltliches und Klerikales flüchtet, sondern die Bedingungen des hier und jetzt betrachtet und daraus die Voraussetzungen für einen sozialistischen Wandel ableitet. Wir erkennen allerdings auch, dass das Entstehen von religiösen Ideen stets mit den sozialen und materiellen Grundlagen einer Person verbunden sind, weshalb unser Umgang mit religiösen Menschen, nicht Atheismus des Atheismus Willen sein sollte.
Reaktionäre religiöse Ideen finden in der Arbeiter*innenklasse unter anderem deshalb Halt, weil die Stellung dieser Klasse im Konflikt mit der Kapitalist*innenklasse die der unterdrückten ist. Prekäre Lebensbedingungen, wie Armut, Obdachlosigkeit aber auch Krieg und Verfolgung wie sie den Nahen Osten seit Jahren plagen bilden oft die Grundlage für Ideen, die sich in das Göttliche flüchten, wodurch der Weltliche, für durchschnittliche Arbeiter*innen, ohnehin schwer erkennbare Klassengegensatz verdeckt oder verschwommen wird.
Diese Haltlosigkeit ist besonders verschärft für Angehörige einer zusätzlich unterdrückten religiösen Gruppe, wie die des Islams und des Judentums, welche vor allem in den letzten Jahren unter medialem und sozialem Angriff – in Deutschland und auch international – steht.
Sozialist*innen sollten sich also zur Aufgabe stellen, diesen für die Arbeiter*innenklasse noch nicht konkreten Klassenwiderspruch aufzuklären, um die Frage der Religion nicht auf eine Sache der Kultur(losigkeit) zu reduzieren, sondern dem Klassenkampf unterzuordnen. Dabei darf das Programm der Marxist*innen zwar niemals durch religiöse Banalitäten verwischt werden, allerdings sollten religiösen Menschen nicht von Verbandsstrukturen ausgeschlossen oder gar rassistisch diskriminiert werden.
Nur im gemeinsamen Dialog und Arbeitskampf kann eine Person von den Ideen des Sozialismus überzeugt werden und statt religiösen Ideen, den realen Klassenkampf voranbringen.
Woher kommt Rassismus?
Mit dem Anschlag in Hanau am 19. Februar sind 208 Menschen seit 1990 von Rechtsextremist*innen und Faschist*innen ermordet worden. Uns plagt schon lange der Schrecken des Rechtsextremismus, doch die Politik der etablierten Parteien hilft nicht gegen Rassismus und Faschismus vorzugehen, ganz im Gegenteil!
Der Kapitalismus versagt darin, den Interessen der Menschen zu dienen. Er führt Kriege um Ressourcen und Absatzmärkte in anderen Ländern, die wiederum Flucht hervorrufen. Unser soziales Wohlergehen wird durch schlechte Arbeitsverhältnisse, niedrigen Lohn und einen teuren und immer teurer werdenden Wohnungsmarkt angegriffen. Viele Menschen erkennen diese Missstände, die sie plagen und suchen nach Alternativen zu „Weiter so“.
Das treibt sie oft auch zu offen rassistischen Parteien, wie der AfD, die Treibstoff und teilweise der parlamentarische Arm der radikalen Rechten auf der Straße sind.
Gemeinsamer Kampf der Lohnabhängigen gegen Rassismus
Anker jeder fortschrittlichen Veränderung in der Gesellschaft ist und war stets die unterdrückte Klasse, die durch gemeinsame Kämpfe verstand sich gegen kapitalistische Unterdrückung, Krieg und Krise und Rassismus zur Wehr zu setzen. Um effektiv für diese Veränderung zu kämpfen, ist erforderlich, dass wir uns international hinter einem sozialistischen Programm und ihrer revolutionären Partei sammeln und dieses in Gewerkschaften, Bewegungen und andere Zusammenhänge tragen.
Und auch um gewerkschaftliche Erfolge zu erzielen, ist es wichtig, dass von Rassismus betroffene Gruppen, sich in Arbeitskämpfen beteiligen, da Rassismus im gemeinsamen Kampf der Kolleg*innen kein Platz findet.
Dabei dürfen wir uns weder durch interne Reglements, noch durch externe Elemente entlang unserer Religion, Ethnie, Geschlechts, Alters etc. spalten lassen, sondern müssen erkennen, dass solche Art von Spaltung schließlich nicht uns selbst und den betroffenen Gruppen, sondern der herrschenden Klasse und ihrem (gerade nicht akutem) Ziel einer gespalteten Arbeiter*innenklasse nutzt.