Die Wirtschaft klagt über Fachkräftemangel, gleichzeitig sind zehntausende junge Menschen ohne Ausbildung. Kein Wunder, wenn noch nicht einmal jedes vierte Unternehmen ausbildet. Insbesondere diejenigen, die im ersten Anlauf keinen Platz abbekommen, sind von Zukunftsangst und Perspektivlosigkeit geplagt. Laut Bundesagentur für Arbeit kann nicht einmal die Hälfte aller BewerberInnen mit einem betrieblichen Ausbildungsplatz versorgt werden.
Aber mit jedem Jahr in der Warteschleife werden die Chancen geringer. Somit stauen sich mehr und mehr Jugendliche an, die leer ausgehen. Die Konsequenz: Über eine Million Jugendliche sind bereits auf Hartz IV angewiesen und haben kaum Hoffnung auf eine Berufsperspektive, denn wer keine Ausbildung hat, kann dem Konkurrenzkampf auf dem Arbeitsmarkt kaum stand halten. Dies trifft in besonderer Weise junge Menschen mit Migrationshintergrund, die auch bei gleichen Zeugnisnoten deutlich schlechtere Chancen auf Ausbildungsplätze haben. Die Konsequenz: Ihr Arbeitslosigkeitsrisiko ist doppelt so hoch wie das deutscher BewerberInnen.
Auch diejenigen, die einen Ausbildungsplatz ergattern können, haben keineswegs sichere Zukunftsaussichten. Denn auch die Unternehmen, die ausbilden, haben in den letzten Jahren ihr Angebot zurückgefahren und übernehmen junge Menschen immer seltener nach der Ausbildung. Gerade einmal einem Drittel der Azubis wird eine Zukunft im Ausbildungsbetrieb in Aussicht gestellt. Eine abgeschlossene Ausbildung ist schon lange keine Garantie mehr, danach in ein sicheres Beschäftigungsverhältnis zu gelangen. Es folgen stattdessen für die meisten befristete Verträge, Teil- oder Zeitarbeit, niedrig oder gar nicht bezahlte Übergangsmaßnahmen oder Arbeitslosigkeit. In jedem Fall aber Ungewissheit über die eigene Zukunft.
Nicht nur, weil Übernahme zur Ausnahme wird, sondern auch wegen der mangelnden Qualität der Ausbildung sind auch diejenigen Belastungen ausgesetzt, die eine Ausbildung machen können. Viel zu oft müssen (teilweise unbezahlte) Überstunden und ausbildungsfremde Tätigkeiten verrichtet werden, zudem ist das Gehalt nicht selten viel zu niedrig. Ausbeutung steht auf der Tagesordnung, Azubis werden oftmals als billige Arbeitskräfte missbraucht. Gerade Frauen sind betroffen: Sie verdienen durchschnittlich 100 Euro weniger als männliche Azubis.
Prekarität bekämpfen!
Damit sich die Lage auf dem Ausbildungsmarkt verbessert, kämpfen wir für ein einklagbares Grundrecht auf Ausbildung und Übernahme. Es darf nicht sein, dass jungen Menschen der Zugang zu Ausbildung verwehrt bleibt und sie somit keinerlei Zukunftsperspektive haben.
Damit dieses Grundrecht verwirklicht werden kann, ist eine Ausbildungsplatzumlage unabdingbar. Unternehmen, die nicht ausbilden und sich ihrer Verantwortung entziehen, sollen zahlen und mit diesem Geld sollen neue Ausbildungsplätze und somit Perspektiven geschaffen werden. Diese Maßnahme soll Druck auf ausbildungsunwillige Unternehmen aufbauen und somit dazu beitragen, dass nicht mehr nur ein Viertel der Betriebe, sondern deutlich mehr ausbilden und ein auswahlfähiges Angebot für die BewerberInnen bereitsteht.
Außerdem treten wir für eine deutliche Arbeitszeitverkürzung ein. Nicht zuletzt sind Maßnahmen notwendig, die die Ausbildungsqualität verbessern, wie etwa die Stärkung und der Ausbau des Jugendarbeitsschutzes, der Azubis und nicht ArbeitgeberInnen schützen soll, sowie ein Ausbildungsvergütung, die zum Leben reicht.
…sonst gibt`s Krawalle!
Fehlende Ausbildungsplätze und Jugendarmut sind keine kleinen Fehler in einem großen System. In einem Wirtschaftssystem, welches milliardenhohe Profite um jeden Preis macht, bleibt nun mal die Mehrheit auf der Strecke – was besonders uns junge Menschen trifft. Deshalb kämpfen wir für eine ganz andere Welt, eine, in der es um die Bedürfnisse der Menschen geht, und in der man nicht für die Wirtschaft, sondern für sich und nach seinen Interessen lernt und arbeitet.
Der Kampf für eine bessere Welt kann dabei schon im Betrieb beginnen. Azubis haben viele Rechte, von denen sie Gebrauch machen können und sollten. So können sie sich bei Problemen und Anliegen an den Betriebs- oder Personalrat oder – wenn vorhanden – an die Jugendauszubildendenvertretung (JAV) wenden oder dort selbst aktiv werden. Unbezahlte Überstunden, Arbeiten, die nicht zur Ausbildung gehören, und andere Widrigkeiten muss man sich nämlich nicht gefallen lassen. Und: Starke Gewerkschaften können gemeinsam Verbesserungen und die Rechte der ArbeitnehmerInnen durchsetzen, zum Beispiel durch Streiks, an denen sich auch Azubis beteiligen dürfen.