Linke Kapitalismuskritik muss sich die Frage stellen, wie der Kapitalismus funktioniert, um dann erklären zu können, ob, wie und warum viele gesellschaftliche Phänomene darin ihre Ursache finden. Es geht um Herausforderungen wie Armut, Reichtum, Erwerbslosigkeit, Umweltzerstörung uvm. Ebenfalls muss beantwortet werden, ob und warum all diese Zumutungen selbst dann auftreten, wenn Politiker_innen vorgeben, nur „das Beste“ zu wollen.
Kritisiert werden soll also der Kapitalismus als die Art und Weise, wie die Gesellschaft arbeitet und produziert. Weil es genau diese kapitalistischen Prinzipien sind – und nicht etwa Kultur oder Gene –, die die Gesellschaft von Grund auf bestimmen, können wir mit Recht von kapitalistischen Gesellschaften sprechen. Die umfassende Analyse, die Karl Marx mit seinem Hauptwerk Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie (1867/ 1883) gelungen ist, bildet in ihren Kategorien und Erkenntnissen auch für uns die Basis der Untersuchung.
Mensch und Gesellschaft
Menschen müssen – wie alle Lebewesen – das, was sie zum Leben brauchen, der Natur abringen. Sie können jedoch ihre Handlungen bestimmten Zwecken unterwerfen, so dass die Handlung dann Mittel zum Zweck wird. Das Anpflanzen von Getreide ist beispielsweise Mittel zum Zweck. Der Zweck, Hunger zu stillen, erfüllt sich erst später. Dieses zweckgerichtete Handeln, nennen wir arbeiten. Beim Arbeiten entstehen Dinge, die einen Nutzen, also einen Gebrauchswert haben. Die Produktivkraft der Arbeit, ist das Maß, das anzeigt, wie viel Gebrauchswerte gleicher Art (z.B. Betten) pro Arbeitsmenge hergestellt werden können.
Wenn Viele zusammenarbeiten (kooperativ), und sich die einzelnen Arbeitsschritte teilen (arbeitsteilig), steigt die Produktivkraft, weil Menschen sich auf wenige Handlungen spezialisieren können und nicht mehr alle alles machen müssen. Jenseits vom Sammeln von Früchten braucht der Mensch zum Arbeiten auch Werkzeuge und Rohstoffe. Diese nennen wir: Produktionsmittel. Je besser die Werkzeuge, desto höher ist ebenfalls die Produktivkraft. Doch Werkzeuge müssen selsbt auch hergestellt werden. Produzent_innen sind also auf viele andere Produzent_innen angewiesen, die Art und Weise, wie die Beziehungen untereinander nun organisiert sind, bestimmt die Gesellschaft. Wer verfügt über die Produktionsmittel, wie werden diese gesichert und was passiert mit denen, die nicht über Produktionsmittel verfügen.
Menschen müssen: atmen, essen und sich wärmen. Sie sind in dieser Beziehung nicht frei, sondern unterliegen einem Zwang. Sobald eine Gesellschaft sich annähernd von diesem Zwang emanzipiert hat, also genug herstellt, um die Grundbedürfnisse zu befriedigen, können Entscheidungen frei vom Naturzwang getroffen werden. Eine Gesellschaft ist hierbei nicht die Summe Einzelner, sondern vor allem der Zusammenhang dieser Einzelnen beziehungsweise das Prinzip, nach dem sie miteinander umgehen. In vorkapitalistischen Zeiten wurde dieser Zusammenhang in der Regel durch herrscherliche Gewalt erzeugt. Diese galt jedoch nur soweit, wie ihr Gewaltapparat reichte. Dort, wo der Apparat fern blieb, konnten die Menschen buchstäblich vor sich hin werkeln. Im Kapitalismus ist das anders: Die Herrschaft ist nicht personal ,der Zwang zur Unterwerfung benötigt keine direkte Herrschaft – er kommt aus den ökonomischen Verhältnissen selbst. Der Kapitalismus stellt ein System von Sachzwängen dar und genau das ist auch der Grund, warum sich systematische, also wissenschaftliche Aussagen darüber treffen lassen, die unabhängig von den handelnden Personen sind, also auch unabhängig vom jeweiligen historischen Kontext.1 Um eben diese Aussagen soll es im Folgenden gehen.
Ware, Wert, Geld
Im Kapitalismus produzieren Privatproduzent_innen für einen Markt. Das tun sie nicht gemeinsam und in Absprache mit allen, sondern in Konkurrenz zueinander. Produktionsmittel und Produktionsergebnis sind Privateigentum. Waren sind nicht Gebrauchswert für denjenigen, der sie herstellt, sondern Mittel zum Tausch. Ein Bügelseisenfabrikant – nennen wir ihn Herr Müller – will mit den Gütern nicht bügeln, sondern sie verkaufen. Er ist also scharf auf den Tauschwert einer Ware. Dieser Wert zeigt sich erst im Tausch. Preise werden oft mit dem Wert der Ware verwechselt. Sie sind jedoch nur Prognosen. Denn der_die Unternehmer_in spekuliert darauf, einen bestimmten Tauschwert zu erzielen. Ob dieser überhaupt erzielt wird, weiß er gar nicht. Erst wenn jemand die Ware zu einem Wert X getauscht hat, wird sichtbar, dass die Ware den Wert X hat. Im Kapitalismus haben Waren also einen Gebrauchswert und einen Tauschwert. Letzterer ist ein Repräsentant des Allgemeinen, der anzeigt, welcher Erlös sich mit der Ware in der Gesellschaft erzielen lässt. Die Preise sind dabei nicht willkürlich, sondern Ausdruck des Aufwands, mit dem eine Ware produziert wurde. Ob der Wert, der sich im Tausch realisieren lässt, über oder unter den Produktionskosten bleibt, entscheidet über Gewinn oder Verlust. Der Wert ist aber nicht von vornherein bekannt. Vielmehr stellt er sich „hinter dem Rücken“ der Marktteilnehmer_innen auf gesellschaftlicher Ebene her. Dies geschieht, indem sich alle Waren, also auch alle kapitalistisch verausgabte Arbeit (die in den Waren drinnen steckt), auf dem Markt während unzähliger Tausch-Akte miteinander vergleichen.
Niemand kann diese gesellschaftliche Abstraktion im Vorhinein ausrechnen. Ein Beispiel: Herr Müller hat Bügeleisen produziert, die nun zu 20 Euro das Stück verkauft werden sollen. Ein Konkurrent konnte irgendwo billiger Blech einkaufen und bietet seine Bügeleisen nun für 15 Euro an. Müller muss seine Preise senken und weiß nun, dass seine Bügeleisen nur einen Tauschwert von 15 Euro hatten. Diese Abstraktion vom Gebrauchswert, der durch konkrete Arbeit (Bügeleisen bauen) entstanden ist, zum Tauschwert, der sich auf dem Markt zeigt, findet „unsichtbar“ statt, weshalb den Mitgliedern der Gesellschaft Dinge wie Tausch, Wert, und Markt als etwas erscheinen, das Naturgesetzen folgt. Es erscheint: „natürlich“. Das all dies aber von Menschen gemacht und somit veränderbar ist, kommt den meisten nicht in den Sinn. Die Tausch-Akte folgen dabei dem Muster einer gegenseitigen (gewaltfreien) Erpressung: „Ich gebe dir was du brauchst, wenn du mir das gibst, was ich will.“ Da sich die ganze Gesellschaft im Wesentlichen über Waren, Markt und Tausch organisiert, folgen eben weite Teile des gesellschaftlichen Austauschs dem Prinzip gegenseitiger Erpressungen beziehungsweise Sachzwänge.
Das Maß für den Wert ist das Geld. Geld ist abstrakter Wert an sich. Eine besondere Ware die gegen alle Anderen austauschbar ist. Ihre Nützlichkeit besteht darin, das man andere Waren für sie eintauschen kann. Geld ist die allgemeine Zugriffsmacht auf den „Reichtum der Welt“. Und weil man alles dafür bekommen kann, will es auch jede_r haben. Ohne Geld bekommt man eigentlich nichts, weshalb es jede_r haben wollen muss. Geld im modernen Kapitalismus ist grundsätzlich Angelegenheit des Staates, der es aus dem Nichts erschafft und mit seinem Gewaltmonopol absichert.
Geld ist – als allgemeine Zugriffsmacht auf Reichtum – dann auch Zweck der ganzen kapitalistischen Veranstaltung. Niemand produziert Waren, weil ihr_m diese nützlich erscheinen, sondern um Geld zu „vermehren“. Geldvermehrung beziehungsweise Profit ist der Antrieb und Zweck der meisten gesellschaftlichen Vorgänge. Kein Bäcker backt Brot weil Menschen hungrig sind. Der Hunger ist nur insofern interessant, als dass sich damit Geld verdienen lässt. Produziert wird also nicht für Bedürfnisse, sondern für einen zahlungsfähigen (!) Bedarf.
Reichtum ist im Kapitalismus, im Gegensatz zu anderen Gesellschaften, kein Überschuss an Gebrauchswerten (Dingen), sondern ein Überschuss an abstraktem Wert, also Geld. Der Reichtum wird nicht einfach bei den Untertanen eingesammelt, wie in vielen früheren Gesellschaften6, sondern entspringt der „wundersamen Geldvermehrung“.
Arbeiter – und was man alles mit ihnen anstellen kann
Die Mehrheit der Gesellschaft verfügt über keine Produktionsmittel (Kapital) und gehört zu den lohnabhängigen Arbeiter_innen. Diese sind „doppelt freie Lohnarbeiter“, nämlich frei von Knechtschaft und frei von Eigentum.“ Durch historische Prozesse, welche die Landbevölkerung gewaltsam von ihrem Boden trennten, entstanden freie Lohnarbeiter_innen, die das Notwendige nicht mehr selbst produzieren konnten. Sie waren und sind stattdessen gezwungen, für Lohn zu arbeiten, um sich Lebensmittel kaufen zu können. Denn sie selbst haben nichts zu verkaufen, außer ihrer Arbeitskraft, also der Fähigkeit, Dinge herzustellen oder Dienste zu verrichten. Die Arbeitskraft wird auf dem (Arbeits-)Markt zur Ware. An der Arbeitskraft „klebt“ jedoch immer auch ein_e Arbeiter_in, die_der als Mensch quasi zur Ware wird, und zwar immer dann, wenn es um seine Arbeitskraft geht.
Der (Tausch-)Wert der Ware Arbeitskraft bestimmt sich durch die Menge zu seiner Reproduktion notwendiger Lebensmittel, das heißt für den Erhalt des_r Arbeiters_Arbeiterin und den Erhalt der Arbeiter_innenklasse als solcher (Es müssen genügend neue Arbeiter_innen aufwachsen, um die „Verbrauchten“ zu ersetzen). Das alles geht mit Recht und Gesetz zu, denn bekämen die Arbeiter_innen weniger als zu ihrem Erhalt notwendig, wären irgendwann keine (arbeitsfähigen) mehr da; bekämen sie viel mehr als notwendig, hätten sie irgendwann Reichtum angehäuft und müssten nicht mehr arbeiten. In einer auf Lohnarbeit basierenden Gesellschaft muss es daher immer genügend Arbeitsfähige geben, die gezwungen sind zu dem Lohn zu arbeiten, den man ihnen bietet.
Wie jede andere Ware hat die Arbeitskraft einen Gebrauchswert und einen Tauschwert. Der_Die Kapitalist_in bezahlt den Tauschwert um (für eine bestimmte Zeit) den Gebrauchswert zu nutzen. Der Gebrauchswert besteht in der Fähigkeit zu arbeiten. Und zwar: mehr zu erarbeiten, als für den eigenen Erhalt notwendig wäre. In einem fiktiven Beispiel, erarbeitet Frau Meyer an einem neunstündigen Arbeitstag, in sechs Stunden den Gegenwert ihres Lohnes – also den Wert ihrer Arbeitskraft – und in den restlichen drei Stunden arbeitet sie für den Gewinn der_des Kapitalist_innen – sie erarbeitet den Mehrwert. Der Wert, den Frau Meyer in diesen drei Stunden erarbeitet, gehört allein den Kapitalist_innen. Sie kann über die Verwendung nicht mitentscheiden oder gar darüber verfügen. Im bürgerlich/ kapitalistischen Sinne ist dies gerecht, denn bezahlt wird Frau Meyer nicht für ihre Arbeit – bezahlt wird sie für einen Zeitraum (Arbeitstag), in dem die_der Kapitalist_in ihre Arbeitskraft nutzen kann. Frau Meyer wird für ihre Dienstbarkeit bezahlt. Der Mythos, Menschen würden für ihre Arbeit bezahlt werden, hält sich jedoch hartnäckig im Alltagsbewusstsein der Menschen. Wäre dies der Fall würde die_der Kapitalist_in keinen Gewinn machen. Wenn er den Gegenwert von dem von Frau Meyer Erarbeiteten bezahlen würde, wäre das Ganze ein Nullsummenspiel. Die produzierten Waren hätten exakt den Gegenwert des zuvor verausgabten Kapitals.
Da die Arbeitskraft nicht ohne die_den Arbeiter_in zu haben ist, braucht es eines speziellen Vertrages: der Arbeitsvertrag. Dieser enthält Dauer und Art der Nutzung und das vorgesehene Entgelt. Der Käufer strebt einen möglichst hohen Gebrauchswert an: „Arbeitstag verlängern!“ und zu einem möglichst niedrigen Tauschwert „Löhne kürzen“. Die Arbeiter_innen merken am eigenen Leib, was dies bedeutet und bestehen auf das Recht der Verkäufer_innen, den Gebrauchswert zu bestimmen: „Arbeitszeit begrenzen beziehungsweise. kürzen!“ und einen möglichst hohen Tauschwert zu erzielen: „Mehr Lohn!“. Anders als bei anderen Waren, kann der Tauschwert durch die Akteur_innen verändert werden: Denn der Arbeitskampf bestimmt mit über den Lohn und kann z.B. durch einen ‚Streik‘ zum Erfolg führen. Die Kapitalseite wiederum kann mittels Drohungen („wir wandern aus“; „draußen warten Arbeitslose“ u.ä.) oder z.B. Outsourcing ihrerseits die Arbeitsbedingungen verschlechtern und die Löhne drücken. Dieser Interessenkonflikt ist Kern des Klassenkampfes. Klassenkampf ist der ständige Kampf um Löhne und Arbeitsbedingungen. Im Einzelfall dehnt sich dieser auf die politisch-gesellschaftliche Ebene au. Und dann geht es plötzlich um mehr als nur die konkreten Arbeitsbedingungen.
Zwar sind die Kapitaleigner_innen, als Klasse ebenso darauf angewiesen, Arbeitskraft zu kaufen, wie die Arbeiter_innen darauf angewiesen sind, sie zu verkaufen. Das Kapital jedoch bestimmt die Bedingungen der Produktion. Kapitalist_innen können ihr Eigentum verleihen, um Durststrecken zu überstehen, die Unternehmen können auf Arbeiter_innen im Ausland zurückgreifen, um Lohn zu sparen. Und überhaupt können die Kapitalist_innen lebendige Arbeit durch Maschinerie ersetzen. Letzteres ist umso lohnender, je erfolgreicher die Arbeiter_innen zuvor im Lohnkampf waren (desto höher die Löhne, desto mehr lohnen sich neue Maschinen). Die Arbeiter_innen dagegen leben von der Hand in den Mund und haben, wollen sie der Sozialhilfe entgehen, zum Abschluss eines Arbeitsvertrages auch kurzfristig keine Alternative. Die Freiwilligkeit, mit der sie den Arbeitsvertrag eingehen, ist deshalb bloßer Schein. Sie können nicht anders, und der Vermehrungszwang des Kapitals selbst sorgt dafür, dass dies für die meisten Lohnabhängigen auch so bleibt. Würde ein_e Kapitalist_in, z.B. Fabrikant Müller, soviel Lohn zahlen, dass Frau Meyer genügend Reichtum bilden kann, um nach einiger Zeit nicht mehr arbeiten zu müssen, würde er selbst keinen Gewinn mehr machen beziehungsweise von der Konkurrenz überrollt werden, da diese niedrigere Löhne zahlen könnte. So wie Frau Meyer in den Produktionsprozess hinein geht, so kommt sie auch wieder heraus; gerade mit dem Nötigsten versehen um weiter arbeiten zu können. So behält der Kapitalismus seine Produzent_innen in dauerhafter Abhängigkeit.
Das in den Produktionsprozess geworfene Geld erhält und vermehrt sich dadurch, dass Arbeit_innen Mehrwert erarbeiten, mit dem die_der Kapitalist_in einen Profit auf dem Markt erzielen kann. Das vermehrte Geld wird dann wieder in den Produktionsprozess gesteckt, damit es sich erneut „verwertet“. Dies nennt man dann: Akkumulation des Kapitals. Ob jemand Kapitalist_in ist, entscheidet sich nicht über den Inhalt ihrer_seiner Garage(n), sondern darüber, ob sie_er Verfügungsgewalt über Kapital hat (und von dessen Ertrag auch leben kann). Kapital: also eine Wertsumme X, die sich im „Wirtschaftskreislauf“ befindet, um sich zu „vermehren“ oder besser gesagt von den Lohnabhängigen vermehrt zu werden. Verwaltet wird das Ganze meist von Manager_innen beziehungsweise Geschäftsführer_innen. Manager_innen sind Angestellte, die enorm hohe Löhne dafür erhalten, dass sie das Geld Anderer erfolgreich verwerten. Sie sind also so etwas wie Agent_innen des Kapitals. Ihr hohes Einkommen soll ihre Loyalität zum Unternehmen beziehungsweise zu den Kapitaleigentümer_innen sichern, denn im Produktionsprozess haben sie die Verfügungsgewalt über das Kapital. Somit hängt von ihnen auch das Wohl oder der Untergang der Kapitaleigner_innen ab. Anders als bei hoch bezahlten Fußballern sind sie leicht zu ersetzen. Die hohe Vergütung ist also nicht etwa Ausdruck einer besonderen Fähigkeit oder Leistung.
Die Bewegung des Kapitals
Der Profit fließt nur zu einem geringen Teil in den Luxuskonsum der Kapitaleigentümer_innen, der größte Teil wird dem Kapital hinzugefügt, das Kapital wächst – es findet Akkumulation statt. Ein Kapital, beispielsweise Müllers Bügeleisenfabrik (BÜFA) steht mit anderen Kapitalen in Konkurrenz. Die BÜFA muss wachsen, um sich über das Wachstum Vorteile zu sichern (z.B. neue Maschinen), die es ihr ermöglichen, die Konkurrenz vom Markt zu drängen oder aber einfach nur mitzuhalten. Da alle Konkurrent_innen so vorgehen (müssen), entsteht ein Sachzwang, der keine andere Handlungsoption zulässt, will das Kapital am Markt bestehen. Dabei spricht man von: Wachstumszwang. Die BÜFA kann an den Rohstoffpreisen wenig ändern: Auch das Drücken von Löhnen und die Verlängerung der Arbeitszeiten findet seine Grenzen in Tarifverträgen oder gesetzlichen Bestimmungen. Will sie ihre Produktivität steigern, bleibt oft nur die Investition in neue Technologien. Wenn sie bisher mit 100 Arbeiter_innen 1000 Bügeleisen im Monat produziert hat und mit den neuen Maschinen nun 2000 Stück schafft, kann sie entweder 50 Menschen entlassen oder versuchen, 2000 Bügeleisen zu einem niedrigeren Preis zu verkaufen (In der Realität finden wir meist eine Variation aus beiden Optionen). Wenn die BÜFA das erste Unternehmen ist, das diese Technologie anwendet, erzielt sie einen Extraprofit. Wenn ihre Produktionskosten um 50 % gesunken sind und die Bügeleisen zB. 10 % billiger verkauft als die Konkurrenz, kann sie mehr Bügeleisen losschlagen und macht auch noch pro Stück einen höheren Profit. Dieser Extraprofit ist es, auf den alle scharf sind (!) – es dauert jedoch nicht lange und die Konkurrenz hat aufgeholt und die Preise für Bügeleisen sind allgemein gefallen. Spätestens jetzt, wenn der Marktanteil wieder auf 1000 Bügeleisen gefallen ist, müssen Menschen entlassen werden. Geschieht nicht dies, so geht eben ein anderer Bügeleisenfabrikant pleite und muss seinerseits alle Arbeiter_innen entlassen. In diesem Fall ist nicht nur das Kapital, sondern auch sein Marktanteil zu Ungunsten der Konkurrenz gewachsen. Dem Kapital, das nicht schnell genug aufrüstet, bleibt nur der Ruin – die älteren, durchaus noch funktionsfähigen Produktionslagen werden praktisch wertlos.
Dieser Wettlauf verschärft sich immer weiter – die Produktivität muss in immer kürzeren Abständen erhöht werden. Immer mehr „Handgriffe“ werden von Maschinen erledigt, bei gleichem Kapitaleinsatz werden weniger Leute gebraucht. Und auch wenn das Kapital wächst, erhöht sich die Zahl der Arbeitsplätze nicht im selben Maße. Das Kapital produziert so eine „Reservearbeiterschaft“ beziehungsweise Erwerbslosigkeit. Diese dient als Ersatztruppe und Drohkulisse. Bei der Akkumulation von Kapital wird die Produktivkraft voran getrieben, dies schließt den Ruin von einzelnen Kapitalen und das Elend der überflüssigen Arbeiter_innen ein. Dieser Vorgang ist gesetzmäßig.
Der Kapitalismus bestimmt unser Leben also in vielfacher Hinsicht und die meisten Freiheiten erweisen sich als trügerische Wahlmöglichkeiten. Letztendlich gilt für die meisten Menschen: work hard, die young. Die Konkurrenz müsste im Kapitalismus zum Untergang der Konkurrent_innen führen, würde der bürgerliche Staat dies nicht durch Gesetze verhindern. Auch der Akkumulationsprozess der immer wieder Krisen zur Folge hat, kann nur durch den Staat aufrecht erhalten werden, der diese Krisen abfedert. Jenseits staatlicher Kontrolle hat sich weltweit ein Geflecht aus Finanzströmen und Märkten gebildet der die Weltwirtschaft als eine brutale Naturkatastrophe erscheinen lässt, die über die Menschen hereinbricht (Globalisierungskritik). Aber der globale Kapitalismus ist und bleibt von Menschen gemacht und kann von Menschen verändert und überwunden werden. Im Folgenden sollen Finanzmarkt/ Krise und der bürgerliche Staat als kapitalistische Erscheinungen näher beleuchtet werden.
Finanzkapital, Finanzmarkt und Krise
In einer auf Geldvermehrung ausgerichteten kapitalistischen Gesellschaft herrscht grundsätzlich Geldmangel. Der Geldmarkt, auf dem Geld verliehen wird, ist der einzige Markt mit einer kaum zu befriedigenden Nachfrage. Die Grundform auf diesem Markt ist der Kredit. Ein Kredit, das ist eine verliehene Summe X, wobei der Preis für die Benutzung des Geldes, vom Risiko abhängt das der Kreditgebende eingeht. Dieser erhält dann einen Teil des Profits, der mit dem Geld erzielt werden konnte: den Zins.
Solange sich Gewinne damit erzielen lassen, wird neues Geld zur Verfügung gestellt. Die Grenzen, die durch die verfügbaren Geldmengen gesetzt sind, müssen von den Banken immerzu durchbrochen werden, wenn sie die Nachfrage bedienen beziehungsweise ihre Gewinne steigern wollen. Dies gelingt auf verschiedenen Wegen, aber vor allem durch die Geldschöpfung „aus dem Nichts“, also dem Erzeugen von ausgedachtem (fiktivem) Geldkapital. Das ist etwas, was ausschließlich den Banken vorbehalten ist. Schuldscheine, die die Banken für das Geld erhalten, das sie verleihen, werden von ihnen behandelt wie „echtes“ (also staatliches) Geld. Und weil alle Banken das so machen, funktioniert es auch. Die Schuldscheine werden in der Buchhaltung in der Tat als Guthaben und keineswegs als Ausgaben verbucht. Sie alle glauben (!) an den Wert der Schuldscheine. Das ist völlig legal und führt dazu, dass die Einlage von Liselotte Meyer (z.B. 100 Euro) mehrmals verliehen werden kann. Nach jedem Verleihvorgang kommen ein paar Prozent der Grundsumme in die Reserve. Der Rest (vom Schuldschein) kann wieder und wieder verliehen werden15 – bis nichts mehr übrig ist. Die meisten nehmen an, dass das Geld bereits nach einmaligem Verleihen weg ist. Die 100 Euro von Frau Meyer werden aber zig mal verliehen – aus hundert Euro können so mehrere tausend Euro werden, die ganz real (!) in der Gesellschaft zirkulieren.
Solange die Menschen (sowie Fonds, Unternehmen, Stiftungen etc.) nur einen kleinen Teil ihres Konto-Guthabens zum „Einkaufen“ benötigen, funktioniert dies reibungslos. Wenn es jedoch zu einem Vertrauensbruch kommt, wollen überdurchschnittlich viele Kontoinhaber ihr Geld vom Markt abziehen: Sie wollen ihre Einlagen, die zig mal verliehen worden sind, zurück haben. Gleichzeitig verlieren die Banken das Vertrauen untereinander. Und auf einmal glaubt (!) niemand mehr an den Wert der Schuldscheine. Das ist die Katastrophe, vor der sich alle fürchten. Wenn Banken sich untereinander nichts mehr leihen, werden sie zahlungsunfähig, denn ihre Reserven (besonders die Bargeldreserven) sind minimal. Keine Bank kann es sich leisten, das Geld im Safe „vergammeln“ zu lassen, weshalb die Banken in der Krise auch nicht genug Geld haben und schließlich pleite gehen. Das Geldsystem droht dann zu kollabieren. Nur der Staat kann das verhindern, indem er den Banken Liquidität=Vertrauen (und umgekehrt) schenkt.
Kann man das nicht unterbinden? Nein. Im Kapitalismus ist der Bedarf an Geld riesig. Fast alle Unternehmen haben Schulden. Bei Städten, Kommunen und Staaten sieht es ganz ähnlich aus. Zur Aufrechterhaltung des Tagesgeschäfts braucht es immer neue Kredite. Dass dies jemals anders war und Unternehmen oder Staaten früher nicht abhängig vom Kredit waren, ist ein Mythos. Die kapitalistische Wirtschaft ist mit Krediten geschaffen worden und kann auch nur deren Hilfe am Laufen gehalten werden. Da der Bedarf an Geld keine Grenze kennt, darf auch das Angebot keine Grenze haben. Das staatliche Geld würde dafür nie ausreichen. Eine Finanzmarktkrise hat immer Auswirkungen auf Industrie und Gewerbe, hat doch ihr „Kapitalhunger“ respektive Zwang zur Gewinnsteigerung den Finanzmarkt überhaupt erst möglich, also nötig, gemacht. Die Auffassung, es gäbe eine Trennung in „Geldwirtschaft“ und „Realwirtschaft“, hält nur Illusionen über den Kapitalismus aufrecht. Es gibt verschiedene Märkte für verschiedene Produkte, aber nur eine kapitalistische Wirtschaft.
Das staatliche Geld ist eigentlich auch „ausgedacht“. Es wird aber durch die Staatsgewalt garantiert, weshalb der Glaube in den Wert der bedruckten Scheine nur in historischen Ausnahmesituationen, wie beispielsweise einem verlorenen Krieg, erschüttert wird. Die Menschen gehen dann zu anderen Währungen (Marx würde sagen: Fetischen) über, an deren Wert sich leichter glauben lässt. Sie glauben dann z.B. an: Zigaretten. Die kontinuierliche Geldschöpfung der Banken führt jedoch nicht nur in Ausnahmesituationen zur Krise, sondern ist unumstößlich. Denn das Vertrauen der Menschen in die Banken und in die Märkte kennt durchaus Grenzen.
Spekulieren lässt sich aber auch auf die Wertveränderung einer Ware, da im Kapitalismus fast alle Preise mal sinken und mal steigen. Man kann entweder klassisch auf Preissteigerung spekulieren – billig kaufen, später teuer verkaufen – oder mittels „Futuroptions“ auf Preisminderung spekulieren, das heißt Wertpapiere für eine Zeit lang ausleihen, teuer verkaufen und später billig zurückkaufen, dem Eigentümer zurückgeben und die Differenz als Gewinn einstreichen. Sobald man Schuldscheinen einen Wert zugesteht, kann man auch auf die Wertveränderung der Schuldscheine spekulieren. Und wenn Kredite mit Krediten finanziert werden, existieren zwei Schuldscheine die einen Wert haben und wiederum beide als Vermögen gelten, die Geldsumme zirkuliert nun zweimal auf dem Markt. Eine Kreditkette und wieder neues fiktives Kapital sind entstanden. Die Spekulation verstärkt das „eigentliche Problem“ jedoch nur – es ist nicht die, sondern eine Ursache der Krise. Um so höher das durch Spekulation eingegangene Risiko ist, desto größer wird auch die Gewinnerwartung. Große Gewinnerwartungen führen teilweise dazu, dass Wertpapiere extrem überbewertet werden. Das bedeutet, dass unverhältnismäßig viel Geld in einem Teil des Marktes zirkuliert. Es entsteht eine: Finanzblase. Aber – und das ist der Schlüssel zum Verständnis der Krise – umso höher das Risiko desto höher ist auch die Nervosität der Anleger und es braucht dann nicht viel, um dem Vertrauensverlust Vorschub zu leisten beziehungsweise eine Panik auszulösen, in der dann alle versuchen ihr Papiere zu verkaufen – der Markt bricht zusammen.
Wenn der Vertrauensverlust einen Markt betrifft, der weltweit stark verflochten ist und der über ein großes Finanzvolumen verfügt, dann ist die Kettenreaktion auch entsprechend stark, nicht zuletzt wegen der inzwischen regelmäßig reißenden Kreditketten. 2008 war dies der Markt für US-Immobilienkredite und die Spekulation auf deren Wertveränderung. Der Zusammenbruch eines Marktes führt zur Krise und betrifft dann auch viele andere Märkte. Es kommt zu einer allgemeinen Panik, in der viele ihr Geld vom Markt abziehen. Kredite werden „abgeschrieben“, das heißt die Schuldscheine werden wertlos. Fiktives Kapital verschwindet einfach „ins Nichts“ – eben dahin, woher es gekommen ist.
Die übriggebliebenen Banken behalten ihr Geld nun für sich und vergeben nur zögerlich Kredite, um nicht selbst zum Pleitefall zu werden. Die Unternehmen, die meist von immer neuen Krediten abhängen, geraten ins Wanken oder gehen ganz unter. Abgehängte Konkurrent_innen machen schnell pleite; alle Übrigen nutzen die Krise, um ihren Betrieb zu rationalisieren, also Menschen zu entlassen und die Löhne zu drücken. In einer Krise haben vorallem Konzerne Probleme, die auch vor der Krise schon als angeschlagen galten. Linke nennen dies meist: Überproduktionskrise (es wird zu viel produziert), Unterkonsumtionskrise (es kann nicht genug konsumiert werden) oder aber Überakkumulationskrise (das Kapital kann nicht mehr in ausreichendem Maße wachsen). Welche der drei Krisen-Typen jedoch überwiegt, lässt sich nicht genau feststellen und ist Teil heftiger Diskussionen.
Doch welche Rolle spielt der Staat in der Krise? Staatliches Handeln versucht in der Krise Vertrauen zu schaffen, indem „frisches“ staatliches Geld locker gemacht wird, um so den Kollaps zu verhindern. Durch Investitionsprogramme soll dann auch noch die Rezession, die Phase wirtschaftlichen Abschwungs, verkürzt werden. Wenn das alles gelungen ist, versucht der Staat wieder möglichst viel Geld vom Markt abzuziehen, denn eine starke Inflation droht. Und diese gilt es nun abzuwenden. Dies gelingt jedoch nicht jedem Staat, hat doch die „aus dem Nichts“ stattfindende Geldschöpfung des Staates sowie die Zinspolitik der Zentralbanken, mit dem Unsummen „billigen“ Geldes auf den Markt gespült werden, zur Folge, dass der Finanzmarkt gestützt und neu aufgepumpt wird. Der Staat hat enorme Neuschulden aufgenommen – ein Vorgang der unweigerlich zur nächsten Krise hinüberleitet: die Staatsschuldenkrise. Die gerade geretteten Finanzmärkte beginnen dem „Schuldner“ Staat zu misstrauen. Die absolute Abhängigkeit der Produktion vom Kredit, übt hier einen Zwang aus: Soll die kapitalistische Produktion im selben Maße wie bisher aufrecht erhalten werden und sogar für Wachstum sorgen, so bleibt den Staaten keine andere Wahl als zur „Rettung der Banken“ beizutragen. Nur so können die Kreditketten aufrecht erhalten und folglich die jeweilige nationale Ökonomie gestützt werden. Gleichzeitig werden die Staaten dabei selbst zum größten Kredit-Abhängigen.
„Nach der Krise“ braucht es wieder Wachstum, denn der Zins will bezahlt werden. Anders ausgedrückt: Die Gewinnerwartungen (Spekulationen) sollen sich erfüllen. Kredit-Raten müssen bezahlt werden – und dies gilt auch für den Staat –, die Erwartungen der Anleger und Gläubiger müssen irgendwie erfüllt werden, denn davon hängt alles ab. Falls dies nicht gelingt, „fliehen“ die Investor_innen und noch mehr Kapital wird vernichtet. Die Unternehmen gehen pleite. Aber auch Staaten können auf diese Weise zahlungsunfähig werden. Solange jedoch „alle“ erwarten, dass schon irgendwie Wachstum eintreten wird, solange also die Erwartungshaltung konserviert werden kann, funktioniert das Ganze – jedenfalls bis zu nächsten Krise. Leidtragende sind neben der_dem ominösen Steuerzahler_in, Lohnarbeiter_innen, Erwerbslose, Rentner_innen etc. Das sind alle, die auch ohne Krise den Zumutungen des Kapitals ausgesetzt sind und für die eine solche Krise existenzbedrohend ist. Gleiches gilt für die Länder des Globalen Südens, in denen das massenhafte Hungern und andere Grausamkeiten sich in Krisenzeiten nochmals steigern.
Zusammenfassung
1. Durch die Macht des Privateigentums sind sämtliche materiellen Bedürfnisse erst einmal und ganz grundsätzlich von den Mitteln zu ihrer Befriedigung ausgeschlossen. Was immer jemand genießen möchte oder gar zum nackten Überleben braucht, muss getauscht werden, indem der Preis der Ware mit Geld bezahlt wird. Der Tausch – „Ich gebe dir, wenn du gibst mir“ – findet immer in der Form einer (gewaltfreien) Erpressung statt.
2. Geld ist keineswegs nur neutrales Tausch-Hilfsmittel. Es ist die Voraussetzung für die Teilhabe am Marktgeschehen und damit Bedingung für gesellschaftliche Teilhabe. Es zählt nicht die Bedürftigkeit sondern die Zahlungsfähigkeit: „Hunger ist kein Grund zur Produktion.“ (Max Horkheimer) Nur weil etwas dringend gebraucht wird, rührt in dieser Gesellschaft noch lange niemand einen Finger.
3. Ein_e jede_r Marktteilnehmer_in hat darauf bedacht zu sein, Gewinn zu erwirtschaften: Der Zwang zum Tausch erzeugt das Bedürfnis nach dem Mittel unmittelbarer Austauschbarkeit, welches Geld ist. Der Geldbedarf tritt vor jedes andere Bedürfnis. Wie viel Geld allerdings genug Geld ist, kann nicht bestimmt werden, da Bedürfnisse sich ändern können. Geld kann man also nie genug haben; das Bedürfnis danach ist maßlos. Der Bedarf nach Geld als Voraussetzung von Produktion und Profit ist ebenfalls grenzenlos, weil des Streben nach Profit grenzenlos ist.
4. Geld ist in der Marktwirtschaft also selbst Zweck der Produktion sowie deren Voraussetzung. Es muss so eingesetzt werden, dass es sich vermehrt. Dazu müssen Geldbesitzende Produktionsmittel (Maschinen und Rohstoffe) und Arbeitskraft auf dem Markt kaufen, Waren mit einem Mehrwert produzieren und dann verkaufen. Geld ist somit nicht nur Zugriffsmacht auf die Produkte fremder Arbeit, sondern in seiner Funktion als Kapital auch Kommandogewalt über Arbeit. Arbeiter_innen sind hierbei die einzigen, die einen Mehrwert produzieren können, aus dem sich der Profit speist.
5. Zum Glück für die Geldbesitzenden/Kapitalist_innen finden diese auf dem Markt eine große Menge Menschen vor, die gerade nichts anderes anzubieten haben als ihre Arbeitskraft, da sie – wiederum durch die Gewalt des Privateigentums – vom Zugriff auf die Produktionsmittel ausgeschlossen sind. Da alles Arbeiten nur unter dem Gesichtspunkt der Rentabilität, also des Gewinn machen, stattfindet, ist die Reproduktion (die Lebenserhaltung) der Arbeiter_innen abhängig vom Erfolg des sie jeweils beschäftigenden Kapitals und selbst dies nur negativ: geht es dem Unternehmen schlecht, droht Arbeitslosigkeit; floriert dagegen das Geschäft, bedeutet das noch lange nicht rosige Zeiten für die Lohnabhängigen: „Produktiver Lohnarbeiter sein ist kein Glück, sondern Pech.“ (Marx)
6. Selbst moderner werdende Arbeitsplätze sind nicht zum Nutzen derer, die die Arbeit leisten: Den technischen Fortschritt einzusetzen um die Arbeit zu erleichtern und zu verkürzen ist nicht Sinn der Sache und fällt auch keinem Kapitalisten ein. Die neuen Maschinen sind schlicht und ergreifend einfach kostengünstiger als der Lohn und da der Profit das einzige ist was zählt, werden die Lohnabhängigen zum gegebenen Zeitpunkt einfach mal auf die Straße gesetzt. Bessere „Maschinen“ führen nicht zu mehr Freizeit und Wohlstand sondern zu Erwerbslosigkeit, einer seit Jahrzehnten größer werdenden Schicht von „Abgehängten“ bei anhaltendem Druck und Stress für die, die noch lohnarbeiten.
7. Alles gesellschaftliche Handeln ist somit auf die Selbstverwertung des Kapitals, also auf Geldvermehrung ausgerichtet. Die Zwänge die aus dem Warentausch, der Profitorientierung, der Konkurrenz, dem künstlichen Mangel, kurz: aus einer Gesellschaft der freien und gleichen Eigentumskonkurrent_innen erwächst, bestimmen das Leben der Menschen. Die Entscheidungen (der Wille) des Menschen sind durch diese Zwänge bestimmt. Er ist: unfrei.
8. In der Krise scheitern kapitalistische Projekte an der Realität, also an den Grenzen kapitalistischer Profisteigerung, das heißt die Spekulationen über einen zukünftigen Gewinn gehen nicht auf. Ein Abwärtsstrudel sich selbst und gegenseitig verstärkender Handlungen der Konkurrent_innen setzt ein. Der Staat versucht auf Kosten der Allgemeinheit den Abschwung zu stoppen. Die LohnarbeiterInnen leiden dann an der einsetzenden Pleitewelle und den Rationalisierungen. Alle Zumutungen des Kapitalismus werden in der Krise verstärkt. Die Krisenhaftigkeit des Systems ist jedoch keine Prognose bzgl. seines Untergangs oder Überlebens, sie ist Bestandteil der Funktionsweise. Die Krisen sollten nicht der Grund für die Kapitalismuskritik sein, sondern die allgemeinen Zumutungen, die immer bestehen und in der Krise nochmal verstärkt werden.