Panzer zu Pflugscharen – Europa entwaffnen!

Panzer zu Pflugscharen – Europa entwaffnen!

Von den meisten europäischen Regierungen und Politiker*innen wird die Europäische Union (EU) als Projekt des Friedens und der Völkerverständigung angepriesen. Tatsächlich ist EU längst auch ein außenpolitischer Akteur, der seine wirtschaftlichen Interessen international durchzusetzen versucht. Gelingt dies nicht auf dem Weg der Diplomatie, werden auch Militäreinsätze Mittel zum Zweck. Der ehem. Leiter der europäischen Verteidigungsagentur (EVA) Nick Witney nimmt da kein Blatt vor den Mund: „Der Wert der bewaffneten europäischen Streitkräfte besteht nicht so sehr darin, speziellen ‚Gefahren‘ zu begegnen, sondern weil sie ein notwendiges Instrument von Macht und Einfluss in einer sich schnell verändernden Welt darstellen, in der Armeen immer noch wichtig sind.“

Auf dem Weg von der wirtschaftlichen zur militärischen Weltmacht Europa

In Zeiten der Globalisierung stehen europäische Großkonzerne in einem weltweiten Konkurrenzkampf mit anderen sogenannten Global Playern um Marktanteile und die größten Profite. Im Rahmen der Lissabon-Strategie verfolgt die EU daher das Ziel, Schwellen- und Entwicklungsländer durch Entwicklungs- und Handelspolitik so umzubauen, dass sie für die eigene Wirtschaft „verwertbar“ sind. Dies bedeutet für die betroffenen Länder: Abbau von Schutzzöllen, Öffnung der Märkte und Privatisierungen von öffentlichen Eigentum mit oftmals verheerenden sozialen und ökologischen Folgen. Letztlich wollen sich die wirtschaftlich stärksten Mitgliedsstaaten – allen voran Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien – ein großes Stück vom Kuchen der internationalen Märkte sichern, um weiterhin im großen Stil Waren exportieren zu können. Hierfür sind die Kontrolle von Handelswegen, Pipelines und der uneingeschränkte Zugriff auf wichtige Rohstoffe essentiell.

Diese (neo)imperialistische Wirtschaftspolitik wird begleitet mit einem forcierten Aufbau eines EU-Militärapparates, der durch nationale und supranationale Rüstungsunternehmen vorangetrieben wird. Denn gelingt die Eingliederung von Staaten in die neoliberale Weltwirtschaftsordnung nicht mittels Freihandelsabkommen, kommt die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und die Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) ins Spiel.So kann der EU seine Wirtschaftsagenda und geostrategischen Interessen im Zweifelsfall auch unter Androhung oder Anwendung von Gewalt durchsetzen. So gibt es beispielsweise seit 2005 sog. EU-Battle-Groups, die sich als schnelle Eingreiftruppe weltweit in Konflikte militärisch einmischen können. Bei solchen Einsätzen geht es keineswegs nur um Stabilisierung, Menschenrechte oder humanitäre Hilfe, wie viele Politiker*innen uns glauben lassen wollen. Im Gegenteil: Kriegerische Interventionen sind selbst Teil von Menschenrechtsverletzungen. So wird beispielsweise suggeriert, dass der französische Militäreinsatz in Mali vorgeblich dem Kampf gegen islamistische Gruppen dienen soll. Dass es dort auch um die Sicherung von riesigen Rohstoffvorkommen geht, wird bewusst verschwiegen. D.h.: Die EU und ihre Mitgliedsstaaten interveniert oft nur in den Krisenherden, in denen lukrative Bodenschätze oder Absatzmärkte gesichert werden müssen oder geostrategische Interessen anderweitig in Gefahr sind. Auch deshalb verzahnt die EU ihre Außenpolitik immer mehr mit dem transatlantischen Militärbündnis NATO. Die europäische Außen- und Wirtschaftspolitik steht also im Einklang mit dem Ausbau der militärischen Strukturen in Europa und der NATO.

Das blutige Geschäft mit dem Krieg

Trotz tiefster Wirtschaftskrise ist das Geschäft mit dem Krieg so lukrativ wie nie. Während die EU-Staaten an Sozial-, Bildungs- und Gesundheitsausgaben sparen, verdienen die Rüstungskonzerne weiterhin viele Milliarden an Aufrüstung und Kriegseinsätzen. Fast 200 Milliarden Euro geben die EU-Staaten jährlich für Militär und Aufrüstung aus. Gleichzeitig sind die EU-Staaten zusammengenommen aber auch Rüstungsexportweltmeister – ein Titel, über den sich vor allem die europäischen Rüstungskonzerne freuen können. Damit das Geld auch weiterhin sprudelt, hat die europäische Rüstungsindustrie zur Durchsetzung ihrer Interessen die sog. Aerospace and Defence Industries Association of Europe (ASD) gegründet, der über 30 Wirtschaftsverbänden und mehr als 800 Unternehmen angehören. Zur Koordinierung und zum Ausbau der Rüstungsbeschaffung und Rüstungsforschung (z.B. für Kampfdrohnen) hat die EU ihrerseits eine eigene EU-Rüstungsagentur (European Defence Agency) gegründet. Entsprechend dazu wurde eine Aufrüstungsverpflichtung in den Vertrag von Lissabon aufgenommen. Eine Hand wäscht die andere…

Das Geschäft mit dem Krieg sichert aber nicht nur den Rüstungskonzernen Milliarden und der EU geostrategische Macht. Europäische Waffen sind in ihren Bestimmungsländern verantwortlich für kriegerische Auseinandersetzungen, Armut, Elend, Menschenrechtsverletzungen und Zerstörung der Umwelt. Als weltweit drittgrößter Exporteur von Militärgütern trägt Deutschland hierfür große Verantwortung. Jedes Jahr genehmigt die Bundesregierung Waffenexporte in Höhe von durchschnittlich 6,9 Mrd. Euro in über 130 Länder: Ob deutsche Sturmgewehre in Mexiko, deutsche Fregatten in Algerien, deutsche Panzer in Saudi Arabien. Militärgüter aus Deutschland oder der EU kommen in zahlreichen Ländern – auch in Kriegs- und Krisengebieten – zum Einsatz, selbst dann, wenn der Empfänger für Menschenrechtsverletzungen bekannt ist. Bestes Beispiel ist Saudi Arabien: Das saudi-arabische Regime erhielt umfangreiche Waffenlieferungen, im Gegenzug tätigte Saudi-Arabien Investitionen in Höhe von mehreren Hundert Millionen in Europa.

Für ein friedliches Europa

Wir – die linksjugend[’solid] – verurteilen jede Form der Militarisierung und verurteilen kriegerische Interventionen als Mittel der europäischen Außen- und Handelspolitik. Frieden und internationale Solidarität ist nur möglich, wenn die Ursachen von Krieg und Gewalt – soziale Ungleichheit, die Sicherung von Ressourcen und Absatzmärkten sowie geostrategische Machtinteressen – überwunden werden. Wir wissen: Ein antimilitaristisches, friedliches Europa ist nur durch weltweite Abrüstung und Dialog möglich und kann nur durch eine neue, gerechtere und solidarische Weltwirtschaftsordnung erreicht werden. Krieg darf niemals Mittel der Politik sein! Wir verfolgen die Vision eines Europas ohne Militär und einer Welt ohne Krieg und Unterdrückung.

Deshalb fordern wir:

  • das sofortige Ende von Kampfeinsätzen im Rahmen der EU-Battlegroups, sowie das Ende

von EU-Militärmissionen und militärischen EU-Ausbildungsmissionen

  • das europaweite Verbot von Rüstungsexporten und der Beginn europaweiter Abrüstung

  • das Ende der Kooperation mit Rüstungskonzernen und Militär an Universitäten und Schulen

  • die Enteignung und Zerschlagung von Rüstungskonzernen und deren Umbau in zivile

Industrie

  • ein Europa ohne Massenvernichtungswaffen

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