Die Corona-Pandemie hat über 20000 Opfer in Deutschland gefordert. In einem scheinbar so fortschrittlichen Land wie Deutschland ist das eine unvorstellbare Zahl unnötig verlorener Leben. Verantwortlich für die stetig wachsende Zahl an Todesopfern ist die Bundesregierung gemeinsam mit den Landesregierungen. Das liegt unter anderem an fehlender Vorbereitung – wenig überraschend stellten sich die zum Großteil das Privatleben einschränkenden Maßnahmen als unzureichend heraus. Dennoch gibt es wenig Bereitschaft, Schul- und Arbeitswelt betreffende Maßnahmen zu ins Auge zu fassen. Die Verantwortlichen Spahn, Karliczek und die Bildungsminister:innen der Länder sind mit ihrer bisherigen Strategie gescheitert. Unsere Position: Wir fordern massive Einschränkungen im Schulbetrieb!
Online-Lehre – professionell und Massentauglich
Das deutsche Schulsystem muss sich während der Pandemie vom zwanghaften Festhalten am Frontalunterricht in Klassenstruktur lösen. Es ist vom Lehrpersonal nicht zu erwarten, dass sie mit der kaputt gesparten Infrastruktur an Schulen die deutlich komplexeren Anforderungen einer Online-Lehre in herkömmlicher Stunden-Struktur meistern.
Es sind bundesweit einheitliche Online-Materialien zu schaffen, die ein angeleitetes und dennoch selbstständiges Lernen zuhause ermöglichen. Unser Vorschlag lautet: Alle Lerninhalte von der 5. bis zur 12. bzw. 13. Klasse werden in Module zwischen sechs und zehn Unterrichtsstunden unterteilt. Solche Module umfassen jeweils ein abgeschlossenes Thema, wie z.B. „Aufbau der Zelle“, „Dreisatz“, oder „Weltreligionen“. Jedes Modul umfasst ein Paket aus zwanzigminütigen professionell produzierten Lehrvideos, ergänzenden Texten, Übungsaufgaben und mindestens zwei Schreibaufgaben, sowie drei zum Modul passenden Prüfungsvorschlägen, die das erfolgreiche Abschließen eines Moduls ermöglichen.
Verlässliche Anforderungen – begrenzte Erwartungen
Die Corona-Pandemie stellt eine Ausnahmesituation für uns alle dar. Das müssen wir akzeptieren, um einhergehenden Herausforderungen meistern zu können. Für den Schulbetrieb heißt das: Es darf nicht erwartet werden, dass alle Kinder alles auf die gleiche Weise schaffen wie ohne Pandemie. Deshalb fordern wir: Spezifisch für jede Klassenstufe werden Mindestanforderungen für im Zeitraum einer Woche, bzw. ab der 9. Klasse eines Monats absolvierter Module festgelegt. Für die 5. bis 8. Klasse heißt das: Der stetige erfolgreiche Abschluss von mindestens 3 Modulen pro Woche muss dem Kind die Versetzung in die nächste Klassenstufe sichern. Für die 9. bis 13. Klasse müssen der monatliche Abschluss von 13 (9. Klasse), 14 (10. Klasse) und 15 (darüber) Modulen pro Monat den Kindern sichern, dass der angestrebte Abschluss erreicht wird.
Das heißt konkret: Je nach Interessen des Kindes soll es den Schüler:innen möglich sein sich zu spezialisieren, während die Gesamt-Anforderungen über die Zeit der Pandemie für den jeweiligen Abschluss gesenkt ist. Für uns ist klar: Wenn Jugendliche selbstständig zeigen, dass sie lernen wollen, sollte nicht durch bürokratisches Versagen am weiteren Bildungsweg gehindert werden.
Spezialisierung ermöglichen – Mindestmaße setzen
Die Schule kann schon durch die Anwesenheit der Schüler:innen diese dazu motivieren sich mit den Lehrinhalten auseinander zu setzen. Dies ist in Online-Lehre deutlich schlechter möglich. Deshalb sollte man Schüler:innen mehr Freiheit in der Auswahl der Lerninhalte bieten!
Wir fordern für jedes Schuljahr einen für alle Schüler:innen nachvollziehbaren Katalog an Mindestanforderungen, der darüber Auskunft gibt, welche Module abgelegt werden müssen. Diese dürfen maximal ein Drittel der Gesamt-Anforderung ausmachen. Die anderen zwei Drittel der Lerninhalte werden von den Jugendlichen selbst gewählt. Das heißt auch, dass in jedem Fachbereich Module bis mindestens dem Abschluss eines herkömmlichen Leistungskurses in dem Fach vorliegen.
Kontakt erhalten – Angebote setzen
Eine so selbstständige Online-Lehre wie wir sie fordern bietet sehr viel Raum für Vereinsamung und unbemerkten Rückzug. Wir sind uns der Herausforderung bewusst, die wir damit an Lehrer:innen stellen. Es braucht dennoch ein mindestens wöchentliches Online-Treffen von mindestens 2 Stunden im Klassenverband. Dieses Treffen dient explizit nicht der Vermittlung von Wissen, sondern dem Erhalt einer sozialen Struktur und der Rückmeldung von bestehenden Problemen. Wir vertrauen in die Fähigkeiten von Lehrer:innen und Schüler:innen, solche Treffen möglichst gewinnbringend klassenspezifisch zu gestalten.
Zusätzlich zu diesem Termin muss zu jedem Modul mindestens eine Telefon-Session zur fachspezifischen Lehrkraft gehören. In dieser sollen inhaltliche Fragen abgeklärt werden können, die Lehrkraft eigene Akzente setzen können und es zu einem Austausch von Ideen kommen. Diese Termine dürfen kein Frontalunterrichtscharakter haben. Wenn es nicht möglich ist, mindestens 20 Minuten Einzelgespräch mit allen eigenen das Modul abschließenden Schüler:innen zu ermöglichen, sollen solche Termine maximal 3 Schüler:innen umfassen.
Häusliche Gewalt abfangen
Wir dürfen nicht vergessen, dass Schule innerhalb gewaltvoller Familienstrukturen einen Kontakt zur Außenwelt ermöglicht. Deshalb fordern wir für die Pandemiezeit: Alle Schüler:innen von der 5. bis zur 13. Klasse werden alle zwei Wochen auf vertrauenserhaltende Weise gefragt, ob sie unter häuslicher Gewalt leiden.
Alle Internate, deren sonstigen Gäste zuhause lernen müssen, werden verpflichtet diese Schüler:innen nach Corona-Tests und bei regelmäßiger fortlaufender Testung innerhalb der Internate aufzunehmen. In den Internaten müssen dann, abhängig von den jeweiligen Möglichkeiten, Regeln bzgl. des Kontakts untereinander und zur Außenwelt gestaltet werden, die die Sicherheit der Kinder und des Personals ermöglichen.
Grundschulklassen aufteilen
Insbesondere im Grundschulalter ist es für Schüler:innen wichtig, Zeit mit anderen Kindern zu verbringen. Mehr noch: Grundschulkinder sind aufgrund ihrer Reife schlechter darin, mit dem Schmerz durch den dauerhaften Verlust sozialer Kontakte umzugehen. Wir wollen es daher Grundschulkindern weiterhin ermöglichen sich gegenseitig zu sehen. Gleichzeitig muss im Sinne des Infektionsschutzes klar sein, dass die derzeitigen Klassengrößen nicht hinnehmbar sind. Wir fordern deshalb: Alle Grundschulklassen werden in kleine Gruppen geteilt und erfahren dezentrale Lehre in freien Räumen, z.B. in weiterführenden Schulen oder Universitäten, die durch die Pandemie nicht genutzt werden.
Uns ist klar, dass dies Personalprobleme neben logistischen Problemen verschiedener Art mit sich zieht. Um dies abzufangen, muss ein Mindestkatalog an Anforderungen erstellt werden, welche Lernfortschritte wirklich innerhalb der Zeit der Pandemie von welchen Klassenstufen erreicht werden müssen. Wir empfehlen zur Milderung des logistischen Stresses alle über diese Mindestanforderungen hinaus gehende Lehr-Zeit den Kindern zwischen selbstständigen Inhalten wie Kunst, Werken, Sport oder Lesen die Wahl zu lassen.
Gute Bildung kostet!
Wir sind überzeugt davon, dass der wirtschaftliche Schaden durch die unüberlegte weitere Offenhaltung von Schulen deutlich schädlicher wäre. Dennoch brauchen unsere Forderungen ein Budget. Dieses muss die Einstellung zusätzlichen Lehrpersonals und für die Corona-Zeit einspringender Quereinsteiger:innen an Grundschulen umfassen. Die Gestaltung von Lehrmaterialien und deren Qualitätssicherung müssen ausfinanziert sein, es muss aber auch sichergestellt werden, dass jedes Kind am Unterricht teilnehmen kann. Das heißt: Für alle Kinder muss es möglich sein bürokratiearm ein Notebook oder einen simplen PC zu erhalten, falls die Familie dies nicht stellen kann – diese können z.B. versicherte Leihgaben der Schulen sein. Zudem müssen alle Kinder entsprechend ihrer Modulwahl Lernmaterialien von den Schulen gestellt bekommen können. Neben den Kosten für Lehrpersonal und der Ausfinanzierung der allgemein für alle zugänglichen Unterrichtsmaterialien fordern wir daher einen Zuschuss von 300€ pro Kind an jede Schule, um mit diesem Geld benachteiligten Kindern Teilnahme zu ermöglichen.