Der Bundeskongress 2019 hat beschlossen:
Der Feminismus ist, nicht geringer als die politische Linke selber, in einer schwierigen Situation. Zwar wird die Problematik der Frauenunterdrückung nicht zwingend geringer wahrgenommen als noch vor 15 Jahren; jedoch wird der Feminismus hauptsächlich in einem urbanen Akademiker*innenmilieu positiv konnotiert und verfehlt damit den Zugang zu Frauen, die besonders stark an patriarchalen Strukturen leiden.
Mitschuldig an dieser Entwicklung ist u.a. der poststrukturalistische Feminismus. Sein ausgrenzender Charakter der auch von vielen Linken kritiklos angenommen und praktiziert wird, sorgt dafür, dass auch in linken Kreisen nur wenige Frauen Teil des sozialistischen Diskurses sind.
Dieser Antrag verfolgt das Ziel, mehr junge Frauen aus allen Teilen der Arbeiter*innenklasse anzusprechen. Ein Feminismus auf materialistischer Grundlage, welcher sich selbst als mit dem Klassenkampf untrennbar verwoben sieht, greift die patriarchalischen Verhältnisse in ihrer Gänze an und versucht diese schließlich zu überwinden. Dadurch ist es möglich, die Lebensverhältnisse aller jungen Frauen der Arbeiter*innenklasse abzubilden um ihnen deutlich zu machen, dass feministische Kämpfe auch ihre Kämpfe sind. Eine Neuausrichtung des Feminismus, der nicht von liberalen Denkstrukturen übernommen und vermarktet werden kann, ist auch für uns als linksjugend [’solid] notwendig um unsere Ziele zu erreichen und den Werdegang der Zukunft entscheidend zu lenken. Ein Feminismus, der bei H&M auf T-Shirts gedruckt ist, wird die Lebensbedingungen der Verkäufer*innen und Näher*innen nicht verbessern.
Unsere Ziele sind, die Stärkung des Frauenanteils in unseren Strukturen und eine neue Form der feministischen Praxis auf Basis einer umfassenden Kritik an den Nötigungen, die die patriarchalen Verhältnisse insbesondere Frauen antun. Feminismus ist für uns der radikale Gegensatz zu allen patriarchalen Verhältnissen, Feminismus muss daher immer auch eine Kapitalismuskritik leisten.
Dies umfasst drei Punkte:
- Eine klare Definition, dass Menschen nicht durch die Sexualität an sich Täter oder Opfer werden, sondern dies erst durch Klassenzugehörigkeit, Geschlecht, Sozialisation und Gesellschaft geschieht. Menschen werden nicht durch das Sein an sich, sondern durch Handlungen von sich und anderen zu Tätern und allein durch Handlungen anderer zu Opfern.
- Eine inhaltliche Schwerpunktsetzung für die diesjährige interne politische Bildung. Auf dem SoCa, den Verbandswochenenden und der Winterakademie sollen Workshops, Seminare und Vorträge angeboten werden, die sich mit den unterschiedlichen feministischen Theorien auseinandersetzen, insbesondere mit dem Feminismus auf materialistischer Grundlage mit dem Ziel, eine Strategie und eine feministische Position für unsere künftige politische Arbeit zu entwickeln, die auf dem kommenden Bundeskongress zur Diskussion und Abstimmung gestellt werden soll. Dabei sollen die verschiedenen existierenden feministischen Konflikte unter anderem anhand der feministischen Streitfragen diskutiert werden.
- Weil Kommunismus Bewegung ist, kann es nicht DEN feministischen Ansatz mit DEN feministischen Zielen geben. Die Auseinandersetzung mit den kapitalistisch- patriarchalen Verhältnissen muss der Anpassungsgeschwindigkeit des Kapitalismus standhalten.
- Insbesondere bei diesem Thema möchten wir auf niedrigschwellige Vermittlungsformen setzen, das heißt beispielsweise Audioformate, einfache Sprache und insgesamt eine Vielfalt an möglichen Zugangsformen.