Der Bundeskongress hat beschlossen:
Der BSp*R erarbeitet in Zusammenarbeit mit dem BAK Feminismus Material zum Thema „Queer und Sozialismus“ auf Grundlage des folgenden Textes:
Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt ist gesellschaftliche Realität. In den letzten Jahren wurden einige Fortschritte erkämpft, aber die vollständige Gleichberechtigung, Gleichstellung und Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt – gegen Homo-, Trans- und Interphobie – sind leider noch nicht erreicht.
Zwar ist die sogenannte „Ehe für alle“ ein Fortschritt für die Gleichberechtigung von Lesben und Schwulen, doch noch immer dürfen homosexuelle Paare nicht vollständig adoptieren. Für andere Beziehungsformen gibt es bisher nicht die Möglichkeit, vor dem Staat füreinander Verantwortung zu übernehmen. Während mit der Eheöffnung ein Schritt in die richtige Richtung getan wurde, ist insbesondere die Situation für Menschen mit uneindeutigen biologischen Geschlechtsmerkmalen (Inter*sexualität) oder für Menschen, bei denen biologische und soziale Geschlechtsmerkmale nicht übereinstimmen (Trans*sexualität), noch immer dramatisch. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist der Weg frei, das Geschlecht aus allen rechtlichen Normen zu streichen, um die bisher praktizierte Ungerechtigkeit zu umgehen.
Geschlechtergerechtigkeit muss schon im Kindesalter gefördert und dabei Raum für persönliche Entfaltung und geschlechtliche Vielfalt gesichert werden. Als Anlaufstelle für LSBTTIQ* fehlt es noch an genügend queeren Beratungs- und Aufklärungszentren sowie staatlichen Antidiskriminierungsstellen.
Es werden weiterhin ohne Zustimmung der Betroffenen medizinisch nicht notwendige Operationen an Menschen zum Zwecke der Geschlechtsangleichung durchgeführt. Hinzu kommt, dass noch immer queere Menschen überproportional von Übergriffen und Gewalttaten betroffen sind – sowohl im Privaten als auch in der Öffentlichkeit. Homo- und trans*feindliche Übergriffe nehmen seit dem Aufschwung von Rechtspopulismus und anderen menschenverachtenden Gruppen sogar zu. Fast alle queeren Jugendlichen haben bereits Diskriminierung erfahren. Die Selbstmordrate bei queeren Jugendlichen ist um einiges höher als die der restlichen Peer-Group. Die Verfolgung von queeren Menschen im Nationalsozialismus ist immer noch nicht vollständig aufgearbeitet; Rehabilitierung und Entschädigung von Opfern gibt es nicht.
Die linksjugend [‘solid] will daher:
- die Schaffung einer Stelle sowie das Einsetzen einer verantwortlichen Person (Referent*in) für LSBTTIQ*-Angelegenheiten im Bund und in der Europäischen Union;
- die Mittel der Jugendarbeit für LSBTTIQ* den Herausforderungen anpassen – gerade Jugendliche brauchen in der schwierigen Coming Out-Phase Unterstützung durch Gewaltpräventions- und Beratungsangebote;
- eine menschenwürdige Behandlung und Unterbringung von LSBTTIQ*- Geflüchteten sowie eine bedarfsgerechte Finanzierung von Beratungs-, Wohn- und Hilfsangeboten – dem besonderen Schutzbedürfnis muss Rechnung getragen werden;
- das Ende der Diskriminierung bei Blut und Organspende;
- die Gleichberechtigung aller Lebensweisen – Diskriminierung privat, an der Schule, der Universität, der Ausbildungsstätte und am Arbeitsplatz lassen wir nicht zu;
- das vollständige Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare;
- die Gleichberechtigung und Emanzipation verschiedener Beziehungsformen und Lebensweisen voranbringen;
- die Abschaffung des Personenstands oder zumindest die Erweiterung um den Zusatz „inter*/divers*“ und damit einhergehend das Verändern aller offiziellen Dokumente;
- Gewaltprävention und Hilfe für Gewaltopfer;
- Inter*- und Trans*menschen verstärkt unterstützen;
- medizinisch nicht notwendige Operationen nur mit Einwilligung der Betroffenen durchführen – das Transsexuellengesetz muss als Sondergesetz aufgehoben und in bestehendes Recht integriert werden;
- mehr Beratungs- und Aufklärungszentren;
- den Schutz vor Diskriminierung durch das Schaffen staatlicher Antidiskriminierungsstellen – der Schutz vor Diskriminierungen aufgrund der körperlichen Variation, sexuellen Identität und Lebensweise soll in das Antidiskriminierungsgesetz aufgenommen werden;
- den Bewusstseinswandel verstärken – Homosexuelle sowie Trans*- und Inter*menschen, die Opfer staatlicher Repression geworden sind, müssen vollständig rehabilitiert und gewürdigt werden.