Ein Gespenst für Europa
Zu lange gingen in Europa nur rechte Monster und neoliberale Untote umher. Es wird Zeit, dass endlich wieder ein Gespenst nach Europa zurückkehrt: Das Gespenst des Kommunismus. Wir wollen ein Teil von diesem Gespenst sein um „alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist“.
Das heißt für uns, dass wir überzeugt sind von solidarischem Transnationalismus, Demokratie, sozialer Gleichheit und Selbstbestimmung aller Menschen und einer lebenswerten Umwelt für alle. Diese Ziele wollen wir hier und in Europa verwirklichen. Dabei reicht es nicht nur einige Reformen anzugehen, sondern die Verhältnisse grundlegen zu erschüttern. Ein Staat der in sich demokratisch ist, aber seine Grenzen rassistisch abschottet und queere Menschen ins Gefängnis steckt oder ein Europa mit offenen Grenzen im inneren, das nicht demokratisch ist und Hungerlöhne zulässt, sind keine Alternativen.
Weder die EU noch Deutschland genügen unseren Ansprüchen
Die EU ist heute undemokratisch: Das EU-Parlament ist den demokratisch kaum legitimierten Gremien Rat und Kommission massiv unterlegen und kann weder eine politische Regierung wählen noch auf eigene Initiative Gesetze beschließen. Durch die fehlende europäische Öffentlichkeit besteht ein großer Einfluss der Lobbyist*innen. Die zentralen Verträge der EU schreiben eine neoliberale Wirtschaftspolitik fest und können durch das Einstimmigkeitsprinzip auf demokratischem Weg faktisch nicht geändert werden.
Die EU ist heute zu tiefst ungerecht: In den Verträgen sind sozial- und Steuerdumping festgeschrieben. Freiheit ist in erster Linie Freiheit für das Kapital – und Warenflüsse. Auflehnung gegen die neoliberale Orthodoxie – wie für ein halbes Jahr in Griechenland – werden im Keim erstickt. Das verschärft soziale Ungleichheit und Wut und wirkt so als Katalysator für Spaltung zwischen den Menschen in Europa wo es eigentlich Vereinigung braucht.
Die EU ist heute zunehmend militaristisch: Durch das Mittelmeer und die Grenzschutzagentur Frontex schotten sich die EU und ihre Mitgliedsländer ab und verwandeln die Grenze in ein Massengrab. Gleichzeitig verschärfen sie die Ursachen für Flucht nicht zuletzt durch – inzwischen auch europäische – Militäreinsätze im Ausland. Nicht zuletzt wurde als Kooperation fast aller EU Länder im vergangenen Jahr die europäische Militärunion PESCO gegründet, die ihre Mitglieder zur Aufrüstung verpflichtet.
Es sieht im Moment also ziemlich düster um Europa aus. Aber wir wollen nicht wie rechte Populist*innen so tun, als wenn das eine Brüsseler Verschwörung wäre die wir mit der Rückbesinnung auf die Nation beenden könnten. Erstens sieht es in den Nationalstaaten oft nicht besser und manchmal auch schlechter aus. Zweitens ist die EU ein Projekt der kapitalistischen Nationalstaaten in dem viel zu oft vor allem die Interessen der mit Abstand stärksten Volkswirtschaft in der EU zählen: Deutschlands Interessen. Wenn wir Brüssel kritisieren, müssen wir mindestens genauso laut auch Berlin kritisieren. Wir müssen die Nation überwinden!
Die EU ist unökologisch: Die EU hat sich als unfähig erwiesen, Natur und Klima und Lebensgrundlage Aller und als Voraussetzung für ein soziales Europa anzuerkennen und zu schützen. Seit der Gründung der EU wurden Schutzmaßnahmen gar nicht oder nur unzureichend umgesetzt, um kapitalistischen Profit und Lobbyinteressen nicht im Wege zu stehen. Die Natur wird als Kapital verwertet und ihre Gemeinnützigkeit wird der Produktivität unterworfen. Folgen sind der Rückgang der biologischen Vielfalt durch die Zunahme konventioneller Land- und Forstwirtschaft, die Degradierung Lebensräumen und der Rückgang von nichtmateriellen Leistungen der Natur zum menschlichen Wohlergehen. Die Konsequenzen treffen uns alle, am härtesten jedoch die Ärmsten: Wasserverknappung, Luftverschmutzung, Überschwemmungen, Verdrängung von Einwohner_innen und Lebensmittelverteuerung. Während die Profite dieser Verwertung privatisiert werden, werden die Risiken vergesellschaftet. Eine soziale Transformation Europas kann folglich nur eine ökologische sein.
Es gibt trotz alledem viel gegen rechte Monster zu verteidigen
Und so unzufrieden wir auch sind, gibt es doch eine Menge zu verteidigen gegen die rechten Monster die in Gestalt von Orbán, Strache oder Gauland umgehen. Sie haben nichts gegen Neoliberalismus, fehlende Demokratie und Abschottung. Aber sie wollen sich nicht damit abfinden, dass Frauen und queere Menschen heute auch dank der EU selbstbestimmter leben können. Sie wollen nicht, dass zumindest EU-Bürger*innen freier Grenzen überschreiten können und leichter im Ausland studieren können, statt in nationalem Dünkel zu verharren. Diese Fortschritte müssen wir verteidigen und uns gegen den wachsenden Antiziganismus, Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus in ganz Europa stellen.
Wir sind weder ein zynischer Stammtisch, der nur in schwarzen Farben ausmalt, wie schrecklich doch alles ist, noch sind wir eine linksliberale Verteidigungstruppe der es ausreicht eine mehr als mittelmäßige EU gegen rechte Monster zu verteidigen. Wir nehmen die derzeitige Lage zur Kenntnis, aber nicht um an ihr zu verzweifeln, sondern um sie zu verändern.
Wir haben eine positive sozialistische Vision für Europa.
Wir wollen ein Europa der Solidarität mit offenen Grenzen nach innen und nach außen, Demokratie in Wirtschaft und Gesellschaft, ein Europa in dem alle Menschen selbstbestimmt leben können unabhängig von Glaube, Hautfarbe, Herkunft, Geschlecht oder sexueller Orientierung. Wir wollen ein Europa in der Bildung für alle Menschen zugänglich ist und der Selbstentfaltung und nicht nur der Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt dient. Wir wollen ein Europa in dem die Umwelt nicht den Profitinteressen untergeordnet, sondern als Lebensgrundlage aller Menschen anerkannt, geschützt und nachhaltig bewirtschaftet wird.
Wie auch immer diese Vision am Ende heißen mag – Vereinigte sozialistische Staaten von Europa, Republik Europa oder Europäische Kommune – wir sind uns in dieser Vision einig. Und auch wenn der Weg zu dieser Vision weit erscheint, werden wir ihn im Sinne Luxemburgs mit revolutionärer Realpolitik angehen. Wir arbeiten auf einen Bruch hin aber streiten auch für Verbesserungen im hier und jetzt um uns zu stärken.
Europapolitische Kampagne
Auf dieser Grundlage werden wir im kommenden Jahr bis zur Europawahl 2019 einen europapolitischen Schwerpunkt setzen und eine Kampagne zur Europawahl durchführen.
1. Europapolitisches Schwerpunktjahr
Wir werden in den nächsten 12 Monaten eine Debatte um Europa und unsere Strategie für Europa im Verband führen, die sich auf unseren Veranstaltungen niederschlägt.
- Unser Sommercamp wird ein internationales Sommercamp mit unseren Schwesterorganisationen mit einem Schwerpunkt zu Europa
- Wir ermutigen Landesverbände und Basisgruppen sich im nächsten Jahr mit Europa zu beschäftigen und politische Bildungs- und Debattenveranstaltungen zu organisieren. Dabei werden sie vom Bundesverband unterstützt
- Wir unterstützen den Europakongress von attac im Sommer
- Wir bereiten unsere Wahlkampagne in einer Wahlkampf-AG mit breiten Beteiligungsmöglichkeiten von Basis und Landesverbänden vor
- Wir bringen uns in die programmatische Debatte DER LINKEN zur Europawahl ein
- Wir nominieren eine*n Jugendkandidat*in für einen aussichtsreichen Platz auf der Liste DER LINKEN zur Europawahl auf diesem Bundeskongress. Die Person verpflichtet sich auf die beschlossenen Positionen der linksjugend [’solid] und die Unterstützung des Jugendverbandes.
2. Kampagnenschwerpunkte
Auf der Grundlage unserer Analysen und Vision beschließen wir folgende Kampagnenschwerpunkte, die von der Wahlkampf-AG in Zusammenarbeit mit BSPR und BGS zu einer Jugendwahlkampagne ausgearbeitet werden:
- Antirassismus: Kampf gegen Rassismus und tödliche Außengrenzen
- Soziales: Kampf gegen Austeritätspolitik und für eine Perspektive für junge Generation in Europa.
- Fortschritte verteidigen: Kampf für die Verteidigung der freien Gesellschaft und feministischer Fortschritte gegen rechts
- Bildung: Kampf für eine europäische Bildung zu Internationalismus und Selbstverwirklichung statt Lebenslaufoptimierung für den Arbeitsmarkt
- Umwelt: Kampf für eine Umweltpolitik, die eine gerechte Verteilung und Nutzung von Naturressourcen als Voraussetzungen für eine soziale Gesellschaft erkennt.