Prostitution und gesellschaftliche Unterdrückung

Dokumentiert: Antrag zur Landesmitgliederversammlung der Linksjugend [’solid] Niedersachsen: Prostitution als Form der gesellschaftlichen Unterdrückung. Update: Die Forderungen des Antrags wurden am 23.01.2016 angenommen.

K. S. Roloff, L. Theophil*

Einleitung

ProstG, das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten, gilt seit dem 1. Januar 2002 und ist von der damaligen Rot-Grünen-Koalition zur Verbesserung der Situation von Prostituierten durchgesetzt worden. Darin wurde die Prostitution als sexuelle Dienstleistung definiert und somit liberalisiert. Das Gesetz hat Auswirkungen auf das Zivil- und Strafrecht, z.B. auf die Zuhälterei, die straffrei bleibt, solange keine Ausbeutung von Prostituierten stattfindet. Prostituierte können durch das Gesetz Entgeltforderungen einklagen, können kranken-, arbeitslosen-, und rentenversichert sein. Bis heute ist dies allerdings kaum in Anspruch genommen worden.

Von vielen und insbesondere der postmodernen Linken wird die Definition der Prostituion als emanzipatorische Sexarbeit bejubelt. Dementsprechend fordert man auch weitestgehend übereinstimmend mit den BetreiberInnen von Bordellen und ZuhälterInnen weitere Liberalisierungen oder zumindest den Erhalt des Status Quo. Prostitution wird dabei nicht per se als Unterdrückungs- oder Ausbeutungsverhältnis betrachtet, sondern als inhärent emanzipatorischer Akt, der sich gegen überkommende Moralvorstellungen hinsichtlich Sexualität richtet und Prostitution nur mangels Liberalisierung negative Auswirkungen auf das Leben der Prostituierten hat.

Doch ist dem so? Die Realität zeigt, dass dies nicht der Fall ist und auch eine Liberalisierung die Lage nicht verbessert. Deutschland ist durch die Liberalisierung der Prostitution zur Drehscheibe für Menschenhandel und sogar ein Ort für Sextouristen geworden (Anmerkung der Antragssteller: Wir verwenden für die Freier den maskulinen Genus und für Prostituierte den femininen Genus der deutschen Sprachen, weil damit die Tatsache widergespiegelt werden soll, dass primär Frauen zur Ware gemacht werden). Nicht nur, dass das Ausmaß der Prostitution massiv zugenommen hat und Bordelle bewusst in Grenznähe zu Staaten mit schärferer Gesetzeslage gebaut werden, mittlerweile sind „Flat-Rate“-Bordelle, in denen für 20€ den gesamten Aufenthalt über „Frauen konsumiert“ werden können und die Versteigerung der eigenen Sexualität auf „ebay-artigen“ Portalen zur Alltäglichkeit geworden und verrohen die Gesellschaft zunehmend.

Die Geschichte eines Gewerbes

Die Prostitution ist dabei schon von Beginn an nur denkbar in Kombination mit Sexismus und Unterdrückung der Frau. Wir verweisen hier exemplarisch auf Friedrich Engels und sein Werk: „Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats“. Engels umfangreiche Studie weist nach, dass das Zusammenleben der Menschen von der Sexualität über die Familienform bis hin zur Organisation des Gemeinwesens historisch gewachsen und von der Produktionsweise der jeweiligen Gesellschaft bedingt ist. Im Urzustand des menschlichen Gemeinwesens basierte die Wirtschaft auf Kooperation und kannte kein Eigentum an den Werkzeugen und den Produkten der Arbeit. Dieser Gesellschaftszustand hielt sich über die Neolithische Revolution hinweg und wurde erst durch das Entstehen einer komplexeren Landwirtschaft (Lagerhaltung und Bewässerung) und der darauf basierenden städtischen Hochkulturen abgelöst.

Die damit einhergehende Aufspaltung der Gesellschaft in Klassen (die sich in der Stellung von Menschengruppen zu den nunmehr privaten Produktionsmitteln ergibt) entwickelt erst den Staat (also eine permanente Institution der gesellschaftlichen Organisation und Unterdrückung der Mehrheit durch eine von Arbeit befreite Minderheit) und die Familie. Dies ist auch der Zeitpunkt, an dem der Mann sich durch seine Stellung in Produktion und als Familienernährer sich über die Frau erhebt und diese gesellschaftlich marginalisiert. Die Position der Frau ist nun jene der Hausfrau und Kindererzieherin. In der „Urgesellschaft herrschte unbeschränkter Geschlechtsverkehr innerhalb eines Stammes, so dass jede Frau jedem Mann und jeder Mann jeder Frau gleichmäßig gehörte“. In einer Klassengesellschaft jedoch ist es von großer Bedeutung, dass die Erbschaft innerhalb der Familie erfolgt, die absolute Treue der Ehefrau gegenüber ihrem Mann (und Familienernährer) wird zu einer zentralen ökonomischen Kategorie. Es entsteht das Konzept der uns heute bekannten Familie. Die Monogamiepflicht gilt insbesondere für Frauen, deren Nachkommen nun die legitimen Erben des Familienvermögens sind. Männer jedoch nutzen ihre privilegierte Stellung und erhalten sich ihre Bedürfniserfüllung polygamer sexueller Beziehungen durch die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen.

Diese wurde ursprünglich als religiöser Dienst verschleiert (Hetärismus oder Tempelprostitution) und später profanisiert. Eine Seite weiter schreibt Engels: „Der Hetärismus ist eben eine gesellschaftliche Einrichtung wie jede andere; er setzt die alte Geschlechtsfreiheit fort – zugunsten der Männer. In der Wirklichkeit nicht nur geduldet, sondern namentlich von den herrschenden Klassen flott mitgemacht, wird er in der Phrase verdammt. Aber in der Wirklichkeit trifft diese Verdammung keineswegs die dabei beteiligten Männer, sondern nur die Weiber: Sie werden geächtet und ausgestoßen, um so nochmals die unbedingte Herrschaft der Männer über das weibliche Geschlecht als gesellschaftliches Grundgesetz zu proklamieren.“

Besonders eindrucksvoll ist dies im Athen der Antik während der klassischen Periode. Hier findet eine Dreiteilung „der Frauen“ statt. Einerseits gibt es die Ehefrau, die zur Gebärmaschine heraberniedrigt wird und in sklavenähnlichem Verhältnis lebte (sie durfte nicht das Haus verlassen), andererseits die Porne und die Hetäre. Während die Porne den physischen Gelüsten des Mannes dient und quasi eine Sexsklavin zur Befriedigung des Triebes ist, ist die Hetäre eine Geliebte, die eine quasi schon privelegierte Position inne hat. Es ist kein Zufall, dass in der ausgeformten patriarchalen Gesellschaft der athenischen Sklavenhältergesellschaft die Prostituion unproblematisch gesehen wird, während dieses gesellschaftliche Phänomen in der noch vom Mutterrecht beeinflussten Gesellschaft von Sparta, in der auch Frauen Besitz haben können und noch verschiedene sexuelle Freiheiten genießen nahezu unbekannt ist.

Auch heute noch ist die Prostitution im Kern eine Institution, in denen Männer Frauen zu einer Ware herabdrücken. Der männliche Prostituierte bleibt ein seltener Einzelfall und wird es auch bleiben, da die Prostitution untrennbar in Entstehung und Praxis verbunden ist mit der Entstehung von patriarchalischen Gesellschaften und dem Sexismus, der in der Unterdrückung der Frau auf unzähligen Ebenen dieser Gesellschaft mündet.

Realität der Prostitution

Zum Leid, das durch Prostitution verursacht wird und welche Wünsche die betroffenen Frauen selbst haben, gibt es eine eindrucksvolle Studie von Melissa Farley und einem 8-köpfigen ForscherInnenteam, deren Ergebnisse wir ungekürzt anführen möchten:

„Zusammenfassung. Wir haben 854 Menschen in neun Ländern (Kanada, Kolumbien, Deutschland, Mexiko. Süd-Afrika, Thailand, Türkei, USA und Sambia) die sich momentan oder bis vor kurzem prostituierten bezüglich ihrer aktuellen Situation und ihrer Lebensgeschichte im Hinblick auf sexuelle und körperlicher Gewalt interviewt. Wir haben herausgefunden, dass Prostitution multitraumatisch ist: 71 % wurden in der Prostitution körperlich bedroht, 63 % wurden vergewaltigt,; 89 % der Befragten wollten der Prostitution entkommen, hatten aber keine anderen Überlebensmöglichkeiten.

Insgesamt 75 % hatten an einem Punkt in ihrem Leben kein eigenständiges Zuhause. 68 % erfüllen die Kriterien für PTSD (Post Traumatische Stress Störung). Die Schwere der PTSD Syndrome sind stark mit der Anzahl verschiedner Formen lebenslanger sexueller und körperlicher Gewalt korreliert. Unsere Ergebnisse widersprechen den gängigen Mythen über Prostitution: der Annahme das Straßenprostitution die schlimmste Art der Prostitution sei, dass die Prostitution von Männern und Buben sich von der Prostitution von Frauen und Mädchen unterscheide, dass die Mehrheit der sich Prostituierenden dies aus eigenem Einverständnis mache, dass die Mehrheit der Prostituierten drogenabhängig sei, dass Prostitution sich qualitativ vom Menschenhandel unterscheide und dass Legalisierung oder Entkriminalisierung der Prostitution ihre Schädlichkeit verringern würde.“
(Prostitution and Trafficking in nine countries: An update on Violence and Posttraumatic Stress Disorder, in: Journal of Trauma Practice, Vol. 2. No. 3 / 4, 2003, Seiten 33-74)

Die Frage von Gewalterlebnissen in der Prostitution und der Zeit vor der Prostitution (die aufgrund des durchschnittlichen Eintrittsalters als Gewalt im Kinder- und Jugendalter gleichgesetzt werden kann) wurde in der Studie spezifisch nachgegangen. Dabei wurden folgende Ergebnisse erzielt (in Klammer sind die spezifischen Ergebnisse für Deutschland):

  • Aktuelle oder vergangene Obdachlosigkeit: 75 % der Prostituierten (74 %)
  • Körperliche Gewaltanwendung während der Prostitution: 73 % (61 %)
  • Bedrohung mit einer Waffe während der Prostitution: 64 % (52 %)
  • Sexueller Missbrauch in der Kindheit: 63 % (48 %)
  • Familiäre Gewalterfahrungen in der Kindheit mit Verletzungen und Blutergüssen: 59 % (48%)
  • Vergewaltigung in der Prostitution: 57 %, (63 %) davon 59 % (50 %) öfter als fünf mal.

Die Studie stellt auch die Frage „Was brauchst du?“ und lässt dabei Mehrfachnennungen zu.

Die Antworten ergeben:

  • 89 % Ausstieg aus der Prostitution
  • 75 % ein sicheres Zuhause
  • 76 % Berufliche Weiterbildung
  • 61 % Zugang zu medizinischer Versorgung
  • 56 % individuelle psychologische Betreuung
  • 51 % gegenseitige Solidarität („Peer support“)
  • 51 % Rechtsbeistand
  • 47 % Drogen- und/oder Alkoholentzug
  • 45 % Selbstverteidigungstraining
  • 44 % Kinderbetreuung
  • 34 % Legalisierung der Prostitution
  • 23 % Körperlichen Schutz vor Zuhältern (Seite 51)

Hier zeigt sich der Wusch der Betroffenen selbst und auch, welche unvorstellbares Leid die Prostitution tagtäglich hervorbringt. Es ist deutlich, dass Gewalterfahrungen in und außerhalb der Prostitution eng miteinander verknüpft sind. Dies unterminiert die Propaganda der „Wahlfreiheit“ der Menschen in der Prostitution völlig. Es liegt auf der Hand, dass Armut, zerrüttete Familien, zerrüttete gesellschaftliche Verhältnisse, eine angeschlagene Persönlichkeitsstruktur und Selbstvertrauen, fehlende Möglichkeiten und Alternativen aus Menschen Prostituierte machen, und die wenigsten diese aktiv suchen. Weswegen sollten sonst 89% aller Befragten sich den Ausstieg wünschen und ansonsten primär soziale Forderungen erheben, die kaum etwas mit der Durchführung der Prostitution selbst zu tun haben. Eine Kritik der Prostitution ist damit eine Anklage gegen die Normalität kapitalistischer und sexistischer Barbarei. Prostitution kann von anderen Formen der Gewalt nicht getrennt gesehen werden, sondern muss vielmehr als konzentrierter Ausdruck von Gewalt, insbesondere gegenüber Frauen gesehen werden.

Die Normalität der Barbarei dürfen wir als SozialistInnen, KommunistInnen, MarxistInnen und Vertreter einer emanzipatorischen Linken jedoch nicht zum Anlass nehmen diese schön zu theoretisieren und nach dem Konzept der Schadensminimierung zu agieren – sondern sie vorbehaltlos und mit offenem Visier zu bekämpfen.

Ware oder normale Lohnarbeit?

In aktuellen Debatten über Prostitutionsverbote oder -legalisierungen stellen einige linke Organisationen, die These auf, dass Prostitution der Verkauf einer Dienstleistung sei, der die Form von Selbständigkeit oder Lohnarbeit haben könne. Dabei habe die verkaufte sexuelle Dienstleistung einen Gebrauchs- und einen Tauschwert wie jede andere Ware auch.Doch ist das tatsächlich so? Ist Prostitution ein Verkauf einer Dienstleistung, eine Arbeit wie jede andere auch? Ist sie sogar produktiv? Im Kapitalismus ist eine Dienstleistung ein ökonomisches Gut, eine auf einem Markt gehandelte Ware, mit der von einer natürlichen oder juristischen Person zu einem Zeitpunkt oder in einem Zeitrahmen eine Leistung zur Deckung eines Bedarfs bzw. zur Befriedigung eines Bedürfnisses erbracht wird. Der Erbringer einer solchen Leistung ist ein Dienstleister. Dieser kann selbständig oder als Lohnarbeiter tätig sein.

Als Lohnarbeiter verkauft der Dienstleister die Vernutzung seiner Arbeitskraft (den Gebrauchswert seinerArbeitskraft) einem Unternehmer und erhält dafür Lohn für seinen Lebensunterhalt (den Preis bzw. Tauschwert seiner Arbeitskraft). Karl Marx definierte im „Kapital“ Arbeitskraft richtig als „den Inbegriff der physischen und geistigen Fähigkeiten, die in der Leiblichkeit, der lebendigen Persönlichkeit eines Menschen existieren und die er in Bewegung setzt, sooft er Gebrauchswerte irgendeiner Art produziert“. Was macht nun die Prostituierte? Verkauft sie ihre Arbeitskraft in der Form eines bestimmten Dienstes wie z. B. eine Friseurin, die ihre Arbeitskraft in der Fähigkeit des Haareschneidens, -pflegens,-waschens etc. verkauft? Oder ist der Verkauf des Rechts, dass andere Menschen innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens die Körperöffnungen der Prostituierten penetrieren oder ihre sexuellen Bedürfnisse an ihrem Körper auf andere Art befriedigen dürfen, doch etwas völlig anderes?

Die Antwort ist eindeutig: Ja! Denn während die oben genannte Friseurin nur bestimmte Fähigkeiten verkauft, stellt bei der Prostituierten ihr Körper immer auch den Gegenstand dar, den der Freier zur Befriedigung seines Bedürfnisses für eine bestimmte Zeit kauft. Und das unabhängig vom sexuellen Dienst. So argumentiert eine anonyme Prostituierte in einer Ausgabe der „Hydra Nachtexpress, Zeitung für Bar, Bordell und Bordstein“ von 1984: „Natürlich: Fast jedes kapitalistische Arbeitsverhältnis hat insbesondere für Frauen latenten Prostitutionscharakter. Zu der Arbeitsleistung als Werkzeug wird häufig eine persönliche Aufopferung und Verstellung verlangt. […] Dennoch glaube ich, daß die „Prostitution“ einer Fabrikarbeiterin auf einer qualitativ anderen Stufe liegt als die einer sexuellen Prostituierten. Die erste geht trotz aller entwürdigenden Arbeit, die sie verrichten muß, noch im Kostüm umher und muß noch gesiezt werden, hat also noch einen kleinen intimen Bereich, den sie nicht verkauft. Die sexuelle Prostituierte dagegen verkauft sich nicht als Werkzeug Arbeitskraft, sondern sie verkauft dem Freier den Genuß ihrer allseitigen, umfassenden Unterwerfung. Sie muß sich als Mensch selber zur Vernutzung anbieten und wird mit Haut und Haaren, mit ihrer ganzen Ausstrahlung konsumiert.“ Im Gegensatz zur oben genannten Friseurin verkauft die Prostituierte tatsächlich nicht eine physische oder geistige Fähigkeit, die in der Leiblichkeit des Menschen existiert, sondern für eine bestimmte Zeit ihre Leiblichkeit selbst. Denn während der Käufer bei der einen nur eine bestimmte Fähigkeit konsumiert, wird bei der anderen neben den speziellen Diensten immer der gesamte Körper mitkonsumiert.

Das ist ein wesentliches strukturelles Merkmal, das Prostitution mit der Sklaverei gemein hat. Denn beim Kauf eines Sklaven wird nicht das Recht der Nutzung einer bestimmten Fähigkeit, sondern die Verfügungsgewalt über seinen Körper, über den Sklaven als Ganzes erworben. Er kann also wie die Prostituierte in seiner Gesamtheit konsumiert werden. So wird er wie sie selbst zur Ware mit einem Gebrauchs- und Tauschwert. Im Zusammenhang mit Zwangsprostitution und Menschenhandel ist Prostitution dann tatsächlich Sklaverei. Dabei werden Frauen aus den Armuts- und Elendsregionen der Welt mit falschen Versprechungen von „Arbeitsvermittlern“ in die Wohlstandsregionen gelockt. Dort angekommen müssen sie jedoch bei ihnen die Kosten für Transport, Verpflegung, Unterkunft etc. (inklusive einer gewaltigen Gewinnspanne) begleichen. Können sie das nicht, was in der Regel der Fall ist, müssen sie diese Reisedienstleistung, die sie in Anspruch genommen haben, in der Form der Prostitution abarbeiten. Somit sind sie der Willkür der „Vermittler“ voll und ganz ausgeliefert. Sie sind in die Schuldknechtschaft, eine spezielle Form der Sklaverei, geraten. Doch der Verlust über die Verfügungsgewalt der eigenen Person ist nicht der Regelfall. So gibt es auch unzählige Prostituierte, die „nur“ wegen ökonomischer Zwänge tätig sind. Meistens entstammen sie dem Heer der Arbeitslosen, von denen einige mangels anderer Erwerbs- bzw. Einnahmemöglichkeiten als letzten Ausweg ihren Körper verkaufen müssen. So berichtet „Der Standard“ vom 3. März 2013, dass seit Ausbruch der Krise in Griechenland die Prostitution in Athen um etwa 1500 % angestiegen sei.

Oft wird übersehen, dass im Falle der Prostitution nicht nur eine warenförmige Zurichtung der menschlichen Arbeitskraft und der Bedürfnisse, die sie erfüllt, stattfindet – wie es im Kapitalismus, der Warenproduktion auf der höchsten Stufe ihrer Entwicklung ist. Nein, hier wird der menschliche Körper selbst zur Ware! Und da sich mehrheitlich die Frau prostituiert, ist dieser Prozess nichts anderes als die warenförmige Zurichtung der Frau selbst. Sie wird dadurch zu einem Objekt der kommerziell organisierten Bedürfnisbefriedigung. Und diese Entwicklung wird von den BefürworterInnen von totalen Prostitutionslegalisierungen unterstützt. Daher ist für alle, die ein emanzipatorisches Menschenbild haben, der Kampf um eine soziale, kulturelle und arbeitsrechtliche Normalisierung von Prostitution absolut unannehmbar. Verbote, indem Freier, Prostituierte oder beide strafrechtlich verfolgt werden, sind allerdings ebenso kontraproduktiv, wie z. B. Norwegen, Schweden, Thailand oder die USA überaus deutlich zeigen. Denn, „um uns von der Prostitution zu befreien, müssen wir uns von den Eltern der Prostitution, den gesellschaftlichen Bedingungen befreien, die diese hervorbringen“, wie Eleanor Marx-Aveling, eine Tochter von Karl Marx, erkannte.

Deshalb beschließt die Landesmitgliederversammlung der Linksjugend [’solid] Niedersachsen folgende Forderungen und Slogans:

  • Kein Vertrauen in den Staat, keine staatliche Repression gegen die Marginalsiertesten der Unterdrückten.
  • Weg mit allen „Ausländergesetzen“! Bleiberecht für alle.
  • Für das Recht auf Ausbildung und Arbeit für alle hier Lebenden.
  • Weg mit allen Bordellen und Zuhältern.

• Weg mit der Pornoindustrie.
  • Für eine aktive und permanente Kampagne gegen Sexismus in den Organisationen der ArbeiterInnenklasse.
  • Für einen ideologischen Kampf gegen alle jene, die aus Prostitution einen „respektablen“ Beruf machen wollen.
  • Für einen freien Menschen in einer freien Gesellschaft.

Quellen und weiterführende Literatur:

  • 

Engels, F. :“Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats“ (http://www.mlwerke.de/me/me21/me21_025.htm)
  • 

Der Funke: „Prostitution: Wider die Neubewertung gesellschaftlicher Barbarei“ (http://www.derfunke.de/index.php/rubriken/frauen/1302-prostitution-wider-die-neubewertung-gesellschaftlicher-barbarei)
  • 

Mario Wassilakos: „Prostitution – Ein Beruf wie jeder andere?“ Der Funke Österreich, Ausgabe 124 ( http://derfunke.at/theorie/marxismus-und-frauenbefreiung/10349-prostitution-ein-beruf-wie-jeder-andere )
  • 

ARD: Sex – Made in Germany: Dokumentation ( https://www.youtube.com/watch?v=GPjnTQStX1E )
  • Demosthenes: Rede 59.

Debra Hamel: Der Fall Neaira. Die wahre Geschichte einer Hetäre im antiken Griechenland. Primus-Verlag, Darmstadt 2004

*Antragsteller*innen: Kristof Sebastian Roloff, Martin Gutlederer der funke – marxistische Strömung in der Linksjugend [’solid], Lisa Theophil (BG Delmenhorst)

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