Die linksjugend [’solid] positioniert sich als antirassistischer, sozialistischer Jugendverband klar gegen jede Form von antimuslimischen Rassismus und Antiziganismus.
Antiziganismus
Der unzureichenden Thematisierung von Antiziganismus (auch in linken, antirassistischen Kreisen) gilt es durch Aufklärungs-und Kampagnenarbeit entgegenzuwirken. Die Omnipräsenz des deutschen Antiziganismus wird u.a. in einer für die Bevölkerung der BRD repräsentativen Studie des Kompetenzzentrums für Rechtsextremismus und Demokratieforschung der Universität Leipzig offengelegt. In dieser gaben bspw. mehr 55% der Befragten an, dass sie Probleme damit hätten, wenn sich Sinti und Roma in ihrem Wohnort aufhielten und 47% waren sogar der Auffassung, dass Sinti und Roma aus deutschen Innenstädten verbannt werden sollten. Die Projektionen antiziganistischer Stereotype (Aberglaube, Nomaden, Primitivität, Musikalität, mangelnde Hygiene, Kriminalität,…), denen viele Roma, Sinti und andere als „Zigeuner_innen“ stigmatisierte Personen noch heute ausgesetzt sind, müssen im Kontext einer antiziganistischen Staatsräson betrachtet werden, die im Porajmos (im Genozid an als „Zigeuner_innen“ klassifizierten Menschen im deutschen Faschismus) ihre maximale Perversion fand – jedoch bis heute in anderer Qualität fortbesteht. Eine erneute Manifestation fand diese Staatsräson in der antiziganistischen Asylrechtsverschärfung im September 2014, wodurch primär aus dem Westbalkan flüchtenden Roma de facto das Recht abgesprochen wurde, Asyl in Deutschland erhalten zu können. Antiziganismus stellt sich in seiner Konsequenz stets als menschenverachtend und für von stereotypen Fremdzuschreibungen „eines Zigeuners/einer Zigeunerin“ Betroffene entwürdigend dar – unabhängig davon, ob er sich durch mediale Etikettierung (u.a. durch die Berichterstattung bürgerlicher Medien bezüglich einer scheinbaren „Romaflut“ aus Bulgarien und Rumänien), durch diskriminierende Gesetzgebung und Gerichtsurteile, durch antiziganistische „Bürgerinitiativen“, durch Kettenduldungen und Abschiebungen oder durch romantisierende „Zigeuner_innen“-Darstellungen äußert.
Antimuslimischer Rassismus
Das Feindbild eines scheinbar reaktionären, antihumanistischen, bedrohlichen Islam ist keine Erfindung von PEGIDA und anderen rassistischen, rechtspopulistischen, antimuslimischen und geflüchtetenfeindlichen Bewegungen, sondern das Ergebnis einer jahrelangen propagandistischen Hetzkampagne seitens bürgerlicher Medien, Politiker_innen und prominenter (pseudo- )intellektueller Diskursgestalter_innen. Die herbeigeführte Reduzierung von Muslimen auf Terror, Rückständigkeit, Frauenunterdrückung und Gewalt dient vor allem dem Zweck, die Mehrheitsbevölkerung gegen Muslime aufzuwiegeln. Sie geht einher mit einer weitgehenden strukturellen und gesellschaftlichen Diskriminierung insbesondere von Muslimen sowie türkisch- bzw. arabischstämmigen Menschen auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt, im Bildungssystem und nahezu sämtlichen gesellschaftlichen Subsystemen. Im Alltag schlägt Menschen muslimischen Glaubens (und auch Menschen, die durch weit verbreitete rassistische Denkmuster aufgrund akskriptiver Merkmale für solche gehalten werden) häufig Ablehnung, Ausgrenzung und Gewalt entgegen. Vermehrte Übergriffe auf (scheinbare) Muslime und Moscheen sind dabei nur die Spitze des Eisbergs einer zunehmenden gesellschaftlichen Marginalisierung von Personen islamischen
Glaubens. Darüber hinaus erfüllt antimuslimischer Rassismus die Funktion, Kriegseinsätze gegen muslimisch geprägte Länder (bspw. in Afghanistan) zu rechtfertigen und imperialistische Interessen nach Einflusssphären, Absatzmärkten, Rohstoffen und der Generierung billiger Produktivkräfte als Kampf gegen „den islamischen/islamistischen Terror“ zu tarnen.
Ursachen bekämpfen
Die Linksjugend [’solid] stellt sich all jenen in den Weg, die rassistische, antimuslimische und antiziganistische Hetze nach außen tragen. Das kann in Form von Protesten gegen Buchvorstellungen islamophober Demagog_innen wie Sarrazin, von Blockaden antiziganistisch motivierter Abschiebungen, von zivilem Ungehorsam gegen ausländerfeindliche Bewegungen (wie PEGIDA) und Parteien (wie der AfD) und von anderweitigen Aktionen geschehen. Über die Bekämpfung solcher Symptome hinaus bedarf es einer umfassenden Thematisierung der Ursachen von Islamophobie und Antiziganismus. Dazu ist es notwendig Rassismus dort zu benennen, wo er seinen Ausgang nimmt. Rassismus ist nämlich nicht nur ein Problem des „rechten Rands“, sondern befindet sich u.a. dort, wo Politiker*innen der „guten Mitte“ Abschiebungen legitimieren, oder Menschen auf der Straße und an Stammtischen gegen eine angebliche Islamisierung hetzen.
Um solche Mechanismen zu verstehen, ist es auch wichtig den Zusammenhang mit den kapitalistischen Strukturen, der damit einhergehenden nationalistischen Standortlogik und die gesellschaftliche Spaltung durch Rassismus aufzuzeigen. Für die Praxis ist es aber vor allem wichtig, auf die Opfer von Rassismus zuzugehen, ihnen eine öffentliche Stimme zu geben, Kampagnen zu entwickeln sowie mit migrantischen und muslimischen Verbänden und Bewegungen gemeinsam gegen Rassismus anzukämpfen. Um dem eine positive Vision entgegenzusetzen, streben wir eine solidarische Gesellschaft, ohne Rassismus, Ausgrenzung und Konkurrenz an.
Konsequenter Antirassismus innerhalb der Linksjugend [’solid]
Selbstverständlich dürfen antimuslimischer Rassismus und Antiziganismus auch innerverbandlich keine Legitimation erhalten. Um einen konsequenten, glaubhaften Antirassismus praktizieren zu können, beschließt die Linksjugend [’solid], dass islamophobe, antiziganistische Aussagen und Handlungen keinerlei Daseinsberechtigung genießen dürfen. Dazu zählen wir konkret:
- Jegliche Fremdzuschreibungen, die einer ethnisch oder religiös definierten Gruppe bestimmte Merkmale zuordnen („die kriminellen Roma“, „die antisemitischen Muslime“,…)
- Die Zusammenarbeit und das Durchführen von Veranstaltungen mit bzw. die positive argumentative Bezugnahme auf prominente(n) antimuslimische(n) Rassist_innen wie Sarrazin, Buschkowsky, Kelek, Elsässer, Broder, Biskamp usw.
- Die Rechtfertigung kriegsbefürwortender, militaristischer Positionen unter der Konstruktion eines scheinbaren Islamfaschismus bzw. eines vermeintlich notwendigen Kampfes gegen den „muslimischen Terror“ oder „den Islamismus“
- Rassistische Denkmuster einer angeblich westlichen Zivilisation als Gegenpart zu einer fiktiven, unzivilisierten Outgroup (bspw. einer „islamischen Barbarei“ oder einer „zigeunischen Lebensweise“)
- Islamophob motivierte Religionskritik, die sich – unter dem Deckmantel einer emanzipatorischen Analyse – doppelter Standards bedient; also eine Religionskritik, die sich ausschließlich am Islam festmacht und andere Bewertungskriterien als für sonstige Religionen anlegt (bspw. durch eine explizite Positionierung gegen „islamistischen Fundamentalismus“ statt gegen sämtlichen religiösen Fundamentalismus)
- Undifferenzierte, pauschalisierende Urteile über religiöse oder (scheinbare) kulturelle Praktiken aus einer überlegenen, eurozentristischen Perspektive („Das Kopftuch steht per se für die Unterdrückung der Frau“, „Die Kultur der Sinti und Roma zeigt dass,…“ usw.)